(März 2012) Eine Kinderstube von Haien aus dem Zeitalter der Dinosaurier haben Wissenschaftler der TU Bergakademie Freiberg in der Kirgisischen Republik rekonstruiert: In einer Hochlandsteppe in Zentralasien fanden sie winzige Hai-Zähne und Reste von Eikapseln. Das beweist, dass Ur-Haie ihren Nachwuchs in flachen Süßwasserseen aufzogen. Keine der heute lebenden Hai-Arten tut das.
Unweit des Dorfes Madygen in Kirgisistan haben die Freiberger Paläontologen neben vielfältigen Fossilien von Pflanzen, Insekten und höheren Wirbeltieren auch Eikapseln und millimetergroße Zähne von Haifischen geborgen. Eikapseln sind zapfenförmige Hüllen, in denen die Jungtiere der Haie heranwachsen.
„Wie aber die Eikapseln und die Zähne verteilt waren, ähnelt verblüffend den Kinderstuben moderner Haie. Der Laichplatz und das Aufzuchtgebiet der Jungen sowie das Fehlen erwachsener Tiere beweist, dass Haie bereits vor 230 Millionen Jahren genauso ihre Jungen aufgezogen haben wie ihre heute lebenden Verwandten“, erklärt Jan Fischer, Paläontologie-Doktorand an der TU Bergakademie Freiberg und federführender Autor der Studie. Die Fundstelle war vor 230 Millionen Jahren ein Süßwassersee, der einen Teil des heutigen Kirgisistans bedeckte.
Ob die prähistorischen Haie jedoch ihr gesamtes Leben im Süßwasser verbracht haben oder im fortgeschrittenen Alter in das damals rund 1000 Kilometer entfernte Meer abgewandert sind, dazu gibt es bislang keine Erkenntnisse.
Wie funktioniert eine prähistorische Hai-Kinderstube? Die trächtigen Weibchen schwammen in den Uferbereich, legten dort ihre Eikapseln ab, welche mittels Fäden an Wasserpflanzen befestigt wurden. Nach der Eiablage verließen sie die Uferzone wieder und kehrten in ihren normalen Lebensraum zurück. Die Kapseln hingen für mehrere Monate dort, bis die Jungtiere schlüpften. Im vor Räubern geschützten Flachwasser blieben sie die nächsten Monate, ernährten sich von den reichlich vorhandenen Muscheln und Würmern und wechselten schließlich in den Lebensraum der erwachsenen Tiere.
Das Fachmagazin „Journal of Vertebrate Paleontology“ erhob die Studie der deutschen Forscher in seiner Ausgabe September 2011 zur Titelgeschichte.
Quelle: TU Bergakademie Freiberg