Auf der Messe Stone vom 26.-29.November 2014 im polnischen Poznan war uns ein Stand aufgefallen, an dem Tierfiguren aus Stein mit einer großen Schönheit gezeigt wurden. Art Sky heißt die Firma, wie uns Natalia Palkina sagte, dies in ihrem Oxford-Englisch, welches gar nicht nach dem Ural klingt, wo sie herkommt. Dort ist die Firma im Distrikt Orda zuhause, der wiederum in der Region um Perm liegt, und Perm ist eine Millionenstadt auf der westlichen Seite vor dem Ural. Mitunter wird die Metropole – ihr Name hat übrigens nichts mit dem Erdzeitalter zu tun – als die östlichste Millionenstadt Europas bezeichnet. Sie liegt etwa 1150 km Luftlinie von Moskau entfernt im Vorland des Gebirges.
Wir baten Natalia Palkina, uns zu erzählen, was es mit diesen kleinen Kunstwerken auf sich hat, und sie schrieb uns danach mehrere Mails, in denen sie mit großer Geduld auf unsere vielen Nachfragen einging.
Als der liebe Gott seine Schätze über die Erde verteilte, so übersetzte sie für uns einen Katalogtext der Firma, meinte er es gut mit der Region Orda. Entlang des Flusses Iren, auf einer Strecke von wenigen Kilometern, verstaute er am Ufer reiche Vorkommen von honigfarbenem Selenit und gleich in der Nähe auch noch Lagerstätten an Anhydrit und Speckstein.
Das sind allesamt weiche Steinarten, die sich gut für das figürliche Gestalten eignen.
Zum Ende des 19. Jahrhunderts, so Natalia Palkina weiter, schickte der liebe Gott Unternehmer in die Region. Die kamen aus Jekaterinburg (das liegt auf der asiatischen Seite des Gebirges) und führten die Bauern in Orda an die Bildhauerei mit Stein heran.
Die Verwaltung der Region Perm unterstützte diese Aktivitäten und lud Ivan Semerikov aus Sankt Petersburg zur Arbeit ins Dorf Krasnij Jasil in der Region Orda ein. 1930 wurde unter seiner Leitung dort eine Schule für Bildhauerei gegründet. Wahrscheinlich lockte das Peter Kremlev nach Orda. Der war zuvor als Chef für Natursteinarbeiten in den Petersburger Werkstätten des weltberühmten Juweliers Peter Carl Fabergé tätig gewesen.
Hier hätten wir noch endlos mehr nachfragen können. Denn das gerade Geschilderte spielte sich nach der Oktoberrevolution ab, in deren Verlauf Fabergé seine Werkstatt aufgeben und fliehen musste. Und das Weitere geschah während des Überfalls der Deutschen auf Russland, gefolgt von den Jahren des Stalinismus mit seinen Grausamkeiten und von der Diktatur der KPdSU.
In den 1930ern wurden die Kunstwerke mit den weichen Steinen aus der Region Perm berühmt, übersetzt Natalia Palkina weiter. Von 1948 an wurden viele Künstler in andere Regionen der Sowjetunion geschickt, und in den 50ern und 60ern kam es zu einer großen Blüte jener Kunstrichtung. Einer der bekanntesten Namen war Anatoly M. Ovchinnikov, der mit seinem Stil und seinen Arbeitstechniken bald eine ganze Generation von Künstlern prägte. Seine Schwerpunkte lagen auf Tierfiguren und Dekorationsgegenständen aus den Steinen der Region Orda.
Krasnij Jasil hatte sich inzwischen als Zentrum der Steinbildhauerei mit einem eigenen Stil herausgebildet.
Später setzte jedoch Stagnation ein, die bis vor kurzem andauerte. „Es gibt ein paar Meister auf hohem Niveau, die für Sammler arbeiten oder Geschenke für VIPs anfertigen, es gibt ein paar Werkstätten, die bunt bemalte Belanglosigkeiten an Souvenirshops liefern“, übersetzt Natalia Palkina den Katalog.
In Frühjahr 2014 kam es mit der Gründung von Art Sky zu einem Neuanfang. Fünf aktive Künstler hat die Firma zurzeit, darunter als leitenden Gestalter jenen berühmten Anatoly M. Ovchinnikov. Hinter Art Sky steht die russische Holding Gerda, deren Geschäftsfeld im Bereich von Kunst mit Naturstein liegt.
Fotos: Art Sky
(19.01.2015)