Plattentektonik: Teile eines vor 70 Millionen Jahren kompletten Inselvulkans im Südatlantik liegen nun Tausende von Kilometern auseinander

 Eruption des Minami-Hiyoshi Seamounts, eines noch aktiven Unterwasservulkans vor Japan. Foto: Japan Coast Guard/ Wikimedia Commons

Forschungen in Kiel und Bremerhaven

Unterwasserberge, sogenannte Seamounts, sind meist ehemalige Vulkaninseln im Meer, die nach dem Erlöschen immer weiter abgetragen wurden, bis sie unter der Wasseroberfläche verschwanden. Infolge von Bewegungen der Erdplatten und geologischen Störungen können sie in Jahrmillionen weit von ihrem vulkanischen Ursprungsort entfernt liegen. Solch einen Fall aus dem Südatlantik haben nun Vulkanologen des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel gemeinsam mit Kollegen der Universität Kiel und des Alfred Wegener Instituts Bremerhaven analysiert: es geht um drei über 3500 Kilometer voneinander entfernt liegende Seamounts – die vor 70 Millionen Jahren eine gemeinsame Insel bildeten!

Zwei der Vulkan-Puzzleteile liegen im Südostatlantik, 800 beziehungsweise 1800 Kilometer vor der Küste Südafrikas, direkt an einer in Ost-West-Richtung verlaufenden geologischen Verwerfung. Sie reicht vom Kap Agulhas im Osten bis zu den Falklandinseln im Westen und trägt daher den Namen Agulhas-Falkland Fracture Zone (AFFZ).

Der Richardson-, der Meteor- und der Orcadas-Seamount liegen alle entlang der Agulhas-Falkland Fracture Zone im Südatlantik. Bild von der GEBCO world map 2014, www.gebco.net.

Einer der Berge, der Richardson Seamount, liegt unmittelbar nördlich dieser Verwerfung. Der andere, der Meteor Seamount, grenzt unmittelbar südlich daran. Beide haben eine ähnliche Form und Höhe, die gleiche geochemische Zusammensetzung und sind 70 bis 80 Millionen Jahre alt. Das lässt vermuten, dass sie ursprünglich zwei Teile eines größeren Vulkans bildeten.

Jedoch: wenn man die beiden Teile am Computer wieder zusammensetzt, ist erkennbar, dass zu einem kompletten Berg ein Teil fehlt. Dieses fanden die Wissenschaftler weitere 2500 Kilometer westlich auf halbem Weg zum südamerikanischen Kontinent. Dort liegt südlich der AFFZ der Orcadas Seamount. Er passt genau in die Lücke.

Der Grund, dass die Vulkan-Bruchstücke so weit verstreut liegen, ist die komplexe Entwicklung der Plattentektonik im Südatlantik. Gespeist von einem vulkanischen Hotspot dort entstand vor 70 bis 80 Millionen Jahren eine gewaltige Vulkaninsel direkt an der Agulhas-Falkland-Fracture Zone. Verschiebungen entlang der damals aktiven Verwerfung zerrissen die Insel in einen nördlichen Teil (den heutigen Richardson Seamount) und einen südlichen Teil.

Der Atlantik war damals deutlich schmaler als heute. Doch er verbreiterte sich aufgrund der Plattentektonik um circa 4,5 Zentimeter pro Jahr. Vor rund 60 Millionen Jahren verlagerte sich der Graben, entlang dem sich das Ozeanbecken öffnet, und zerteilte dabei genau den Südteil der mittlerweile erloschenen Vulkaninsel. Der heutige Orcadas- und der heutige Meteor-Seamount entstanden. Mit der Plattenbewegung wanderten die Teile immer weiter nach Westen beziehungsweise Osten auseinander.

Der Hotspot unter Hawaii und die Unterwasserberge (seamounts), die ehemals über dem Hotspot lagen. Joel E. Robinson, USGS./ Wikimedia Commons

Im Pazifik hingegen ist der Ursprungsort ehemaliger Vulkaninseln relativ leicht zu finden. Oft liegen mehrere erloschene Vulkane in einer ordentlichen Reihe hintereinander. An dem einem Ende der Reihe befindet sich der älteste und am meisten erodierte Kegel, am anderen ein noch aktiver Vulkan. Dort liegt der vulkanische Hotspot, der auf der darüber hinweggleitenden Erdplatte eine Spur von Lavabergen hinterlassen hat. Hawaii liegt auf seinem solchen Hotspot.

Originalarbeit: Hoernle, K., A. Schwindrofska, R. Werner, P. van den Bogaard, F. Hauff, G. Uenzelmann-Neben, D. Garbe-Schönberg (2016): Tectonic dissection and displacement of parts of Shona hotspot volcano 3500 km along the Agulhas-Falkland Fracture Zone. Geololgy, https://dx.doi.org/10.1130/G37582.1

Quelle: Geomar

(26.04.2016)