Dr. Christopher Dickensen von der Universität Oxford forscht nach den Geschichten, die Säulen und Denkmäler einst im Vorbeigehen erzählten
Manche Leute sind der Meinung, die Bürger der antiken Weltstädte müssten sich wie in einem Museum vorgekommen sein: die Cities waren vollgestellt mit Denkmälern aus kostbarem Marmor, an jeder Ecke gab es Inschriften zu den Helden der Geschichte und vielerorts stieß man auf Grabmale wichtiger Personen. Vermutlich aber fühlten sich die Menschen damals in Wirklichkeit eher einer permanenten politischen Werbeshow ausgesetzt, in der die unzähligen steinernen Denkmale permanent ihre Botschaften herausschrien.
In einem Projekt an der Universität Oxford geht der Historiker Dr. Christopher Dickensen nun der Frage nach, wie es sich wirklich verhielt. Der Titel ist „Ein Mosaik der Erinnerungen – Monumente und öffentlicher Raum im Griechenland zur Römerzeit (200 v. Chr. bis 200 n. Chr.)“. Die Forschungen werden gefördert von der Europäischen Kommission und laufen bis April 2017.
Der Ausgangspunkt der Betrachtung wird in einer Projektbeschreibung auf den Internet-Seiten der EU drastisch veranschaulicht: „Die Berichte von feiernden Irakern, die nach Kriegsende die Statue von Saddam Hussein vom Sockel reißen, erinnert uns daran, wie hochgradig Denkmale mit Bedeutungen aufgeladen sein können.“
Das wird im antiken Griechenland jener Jahre wohl nicht anders gewesen sein. Denn die Römer, die damals dort das Sagen hatten, waren Meister im Umgang mit den Medien ihrer Zeit: Graffiti wurden gerne und überall in die Steine geritzt, und Cäsar ließ seinen „De Bello Gallico“ von Ghostwritern schreiben, um den Bürgern zuhause klar zu machen, welche Verdienste er sich um das Weltreich erworben hatte.
Oder: weil man noch keine Mikrofone kannte, untermalte ein Redner das Gesprochene mit Gesten. Nachdem Cicero ermordet worden war, nagelten deshalb die Gegner seine Zunge und Hände ans Forum – damit hatte er die Massen beherrscht.
In dem Forschungsprojekt werden in einem ersten Schritt alle öffentlichen Denkmale kategorisiert. Danach geht es an die Interpretation.
Auf der eigenen Webpage umreißt der Forscher die Klaviatur des antiken Medienspiels, die er untersuchen will: Es geht um „eine Analyse, wie Gruppen oder Individuen Monumente aufstellten, um ihre Zielgruppe anzusprechen“.
Fotos aus: Conrad Cichorius: „Die Reliefs der Traianssäule“ (1896) / Wikimedia Commons
(07.08.2016)