Die Architekten vom Büro MYGG spielen mit den Materialien Stein, Glas und Metall wie mit Musikinstrumenten
Gleichermaßen ungewohnt und dennoch vertraut ist dem Betrachter der Palazzo Aurora im historischen Kern der Kleinstadt Pontedera in der Toskana. Das liegt daran, dass er die klassische Form eines Palazzo der italienischen Renaissance aufgreift (ein strenger Würfel mit vier bis fünf Geschossen), aber einige moderne Details bietet.
Die Architektur stammt vom Büro MYGG mit Sitz in Mailand. Es war mit diesem Projekt in die Endausscheidung des Archmarathon-Wettbewerbs gekommen. Der war im letzten Jahr erstmals für Bauten mit Verwendung von Naturstein ausgeschrieben worden. Die Auswahl der für die Endaussscheidung Nominierten fand im Rahmen der Messe Marmomac (früher: Marmomacc) statt. Die Messe hatte die Kategorie „Naturstein“ in dem Wettbewerb überhaupt erst initiiert.
Die Aufgabe der Architekten bestand darin, das bestehende Gebäude zu modernisieren. Dieses war ein Haus aus den 1960er Jahren. Eigentlich machten erst die MYGG-Architekten aus dem wenig interessanten Bau eine Stadtvilla (Palazzo) – wenn man so will kreierten sie für diese historische Bauform aus Italien ein Update des 21. Jahrhunderts.
Das bestimmende Material an der Fassade ist der Kalkstein Santafiora Dorata. Er wird in den Brüchen von Viterbo (Region Latium) gewonnen. Die Verwendung dieses traditionsreichen Steins ist eine Reminiszenz an die Vergangenheit.
Was an der Fassade auf den 1. Blick auffällt, sind die zurückgesetzten Flächen zwischen den Fenstern und die Schrägen. Sie bringen Bewegung an die Fassade.
In dieselbe Richtung wirkt ein weiteres Gestaltungselement: es sind die unterschiedlich hohen Streifen des Kalksteins, komponiert wiederum aus Platten in unterschiedlichen Größen. Mehr noch: die Steine stehen mal senkrecht, mal liegen sie, was ihnen farbliche Nuancen gibt.
Dabei hat die Fassade auch einen Paukenschlag, sozusagen: es gibt Flächen aus Messingblech, die rückwärts versetzt in den Stein eingebracht sind. Im Sonnenlicht spielen sie neben Glas und Stein ihre eigene Geige, sozusagen.
Andere Steinsorten nehmen den warmen Glanz der Fassade ins Innere mit: die Eingangshalle ist geprägt von einer hinterleuchteten Wand aus Onyx.
Auf dem Boden liegt weißer Carrara Marmor und auch die Treppe nach oben bedient sich des noblen Materials.
Den Namen Palazzo Aurora trägt das Gebäude erst seit der Modernisierung durch MYGG. Aurora ist die Göttin der Morgenröte.
Auftraggeber für die Modernisierung war die Kulturvereinigung von Italien und Montenegro (Associazione Culturale Italia-Montenegro).
Fotos: Daniele Domenicali
Archmarathon Stone Award 2018 (1, 2)
(30.03.2017)