Messe Marble in Izmir: das Update für Naturstein stand im Mittelpunkt der „Sector Talks“ (Branchengespräche)

„Die Steinbranche erfindet sich neu“ könnte die Aussage dieses Bildes sein. Es handelt sich um einen Ausschnitt aus einer Anzeige der türkischen Firma Dimer.

Erstmals veranstaltete die Messegesellschaft IZFAS einen Fachkongress für Aussteller und Besucher

Die Messe Marble in Izmir (22.-25. März 2017) veranstaltete in diesem Jahr zum 1. Mal einen Fachkongress, zunächst etwas unglücklich „Sector Sessions“ (Branchensitzungen) tituliert und dann in „Sector Talks“ (Branchengespräche) umbenannt. Ziel war, den Ausstellern und Besuchern einen Mehrwert zu geben, das heißt die Zusammenkunft der Käufer und Verkäufer auf der Messe über das Geschäftliche hinaus durch Ideen und Denkanstöße anzureichern.

Die Initiative kam zum rechten Zeitpunkt. Denn weltweit sind Veränderungen auf den Märkten festzustellen.

Dazu gehört zum Beispiel, dass einerseits Marmor, Granit & Co sich einer steigenden Beliebtheit bei den Verbrauchern erfreuen. Andererseits aber wird die Gewinnspanne bei den Alltagssorten („commodities“) immer geringer. Das liegt unter anderem an der zunehmenden Zahl der Produzentenländer und an den schier erdrückenden Marketing-Anstrengungen der Konkurrenz aus Keramik und Engineered Stone.

Sämtliche Vorträge beschäftigten sich deshalb im weitesten Sinne mit neuen Absatzmöglichkeiten für Naturstein: Themen waren neue Märkte und neue Produkte und genauso Verbesserungen der herkömmlichen Produkte.

Dass es diesen Roten Faden gab, lag wohl weniger am Konzept der Veranstalter, als daran, dass das Thema so dringend ist und die Referenten es seit Jahren mit sich herumtragen.

Gewissermaßen um neue Märkte drehte sich der Vortrag von Brian Gurteen von der deutschen Zeitschrift Naturstein: zwar referierte er ausschließlich über den Natursteinmarkt in Deutschland, damit aber gab er gleichzeitig auch Hinweise, was eine Firma beachten muss, wenn sie sich neuen Absatzgebieten zuwenden will.

Gurteen beschrieb die derzeit großartige wirtschaftliche Lage in Deutschland und legte Zahlen zum Steinverbrauch dort vor. Was den Zugang für Neulinge angeht, hält er die Möglichkeiten aktuell für schwierig: eine Handvoll von Großhändlern dominiere das Geschäft und ebenso gebe es im Baubereich einige wenige große Natursteinfirmen, die die Aufträge von den Architekten an Land ziehen würden.

Zudem gebe es einen Trend zu heimischem Stein, weil der aufgrund kurzer Transportwege wenig CO2-Freisetzung verursache. Wobei in Deutschland inzwischen ganz Europa als „zuhause“ angesehen würde.

Anil Taneja von der spanischen Zeitschrift Litos analysierte die weltweite Branche und richtete ein besonderes Augenmerk auf das Marketing. Dieses sei, auch wenn es zentrale Bedeutung für den Erfolg einer Branche habe, bei den Natursteinverkäufern „gleich null“.

Seiner Ansicht nach muss die Branche hier mehr tun und dabei nicht nur über Stein als Material reden, sondern über Stein als Marke, die der Kunden eindeutig identifizieren kann.

Außerdem kam er mit ein paar unliebsamen Wahrheiten heraus:
* es macht keinen Sinn, die große Haltbarkeit des Steins herauszustellen, wenn der Kunde kurzzeitorientiert ist;
* die Architekten wünschen sich „moderne Materialien“, also müssen auch die Steine sich ein modernes Image zulegen;
* die Branche muss Antworten auf unliebsame Fragen wie etwa Kinderarbeit geben, einfach „weil der Kunde das so will“;
* die Branche muss die Social Media bespielen;
* China ist nicht mehr das alte – heute gibt es dort einen entwickelten Kundenmarkt, der Qualität will und auch bereit ist, dafür zu zahlen.

In eine ähnliche Richtung hatte Peter Becker von Stone-Ideas.com in seinem Vortrag argumentiert. Er sieht im Produktdesign große Chancen für die Branche: mit Alltagsgegenständen aus Naturstein würde sich nicht nur eine neue Verwendung für Stein erschließen; mehr noch könnte sich die Branche mit solchen Objekten erfolgreich auf Messen für Architektur, Einrichtung oder Design präsentieren. In Privathaushalten würden solche Waren permanent und kostenlos Werbung für das Material machen.

Ebenfalls ein Update für die Branche forderte Stephan Heyert vom Hersteller von Pflegemitteln Akemi, wenn auch aus einer ganz anderen Richtung kommend: „Es gibt ein zu geringes Bewusstsein dafür, dass Naturstein, weil es ein Naturprodukt ist, geschützt werden muss“, sagte er. Er zeigte Fotos vom Granitboden im Flughafen Izmir, wo vermutlich Reinigungswasser die Fliesenränder dunkel gefärbt hatte. „Solche Fälle sind schlimm für das Image der ganzen Branche, dabei ließen sie sich leicht durch eine Imprägnierung vermeiden.“

Auch meinte er, dass die Steinverkäufer selber die Architekten oder Bauherrn auf solche Probleme und die vorhandenen Lösungen hinweisen müssten.

Allerdings steckt hier ein wahrer Teufel im Detail: kann man dem Produkt, das als 100% Natur vermarktet wird, eine chemische Behandlung angedeihen lassen, ohne sich gleich wieder ein Imageproblem einzuhandeln?

Heyert verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die Imprägnierungen von Akemi das Zertifikat „lebensmittelverträglich“ tragen.

Wenig Besucher

Leider gab es bei den Vorträgen nur um die 20 Besucher. Die Gründe dafür sind vielfältig:
* bisher ist es in der Steinbranche kaum üblich, dass auf einer Messe jemand seinen Stand verlässt und sich einen Vortrag anhört;
* der Nachmittag des 1. Messetages ist nicht der beste Termin für einen Kongress;
* der gleichzeitig stattfindende wissenschaftlich ausgerichtete International Stone Congress brachte ein Überangebot an Vorträgen;
* die Vortragsräume waren kaum zu finden.

Messe Marble Izmir

Naturstein (deutsch)

Litos

Akemi

See also:

 

 

 

 

(09.05.2017)