Zwei neue Studien liefern Details über das Leben der Bakterien im Boden der Nordsee
Sand ist einerseits für die Urlauber am Meer ein reiner Spaß, andererseits für etliche winzige Organismen auch ein Lebensraum. Forscher bezeichnen ihn als „permeables Küstensediment“, das es in vielen Varianten gibt, und kürzlich haben Soeren Ahmerkamp und David Probandt vom Bremer Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie neue Erkenntnisse über Bakterien im Sand veröffentlicht.
„Sande bedecken große Teile des Meeresbodens entlang der Kontinentalränder“, erklärt Soeren Ahmerkamp aus der Abteilung Biogeochemie des Instituts. „Sie sind viel durchlässiger für das Meerwasser als der meist schlammige Boden der Tiefsee.“
Wenn Meerwasser durch den Sand strömt, gelangt auch Sauerstoff in den Boden und regt die dortigen Mikroorganismen an. Je mehr Sauerstoff in den Boden gelangt, desto aktiver sind die Mikroorganismen und können beispielsweise große Mengen Kohlenstoff oder Stickstoff umsetzen. „Das ist besonders wichtig angesichts der Tatsache, dass durch die Flüsse große Mengen an Stickstoff und anderen Nährstoffen in die Nordsee gelangen“, so David Probandt aus der Abteilung Molekulare Ökologie.
Die Forscher haben nun mit einer eigens entwickelten Apparatur erstmals an Ort und Stelle untersucht, welche Faktoren dabei zusammenwirken.
Eine bedeutende Rolle spielen Rippel – die typischen, an Wellblech erinnernden Sandwellen am Meeresboden, die sich ständig verändern. „Sauerstoff ist mal mehr oder weniger vorhanden, mal dringt er mehrere Zentimeter tief in den Sand ein und mal bleibt er an der Oberfläche – daran müssen sich die Mikroorganismen im Sand anpassen“, sagt Ahmerkamp.
Den bakteriellen Bewohnern des Sandes wird also viel abverlangt. „Auf jedem Sandkorn sitzen zehntausende bis hunderttausende Bakterien. Die können natürlich einiges bewirken“, meint auch David Probandt. Da diese Bakterien beispielsweise Kohlenstoff und auch Stickstoff aus dem Meerwasser verarbeiten, wirken die Sande wie riesige, reinigende Filter.
Vieles von dem, was das Meerwasser in den Boden spült, kommt nicht wieder heraus.
„Schon in den obersten fünf Millimetern des Meeresbodens finden wir ganz andere und vielfältigere Bakterien als im Meerwasser selbst“, so Probandt. „Wer wo wohnt, hängt vor allem von der Zusammensetzung des Meeresbodens ab. Je durchlässiger der Boden für einströmendes Meerwasser ist, desto mehr aerobe Bakterien treten auf.“
Der Meeresboden entlang der Küsten ist besonders stark von menschlichem Einfluss – von der wirtschaftlichen Nutzung über Nährstoffeintrag durch die Flüsse bis hin zum Klimawandel – betroffen. Die neuen Studien zeigen, wie komplex dieser Lebensraum ist und welche bedeutende Rolle seine Bewohner für unser Leben spielen. „Durch die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen konnten wir viele neue Erkenntnisse über dieses dynamische Ökosystem erlangen“, betont Probandt.
S. Ahmerkamp, C. Winter, K. Krämer, D. de Beer, F. Janssen, J. Friedrichs, M. Kuypers und M. Holtappels (2017): Regulation of benthic oxygen fluxes in permeable sediments of the coastal ocean. Limnology and Oceanography. DOI: 10.1002/lno.10544
D. Probandt,. K. Knittel, H. E. Tegetmeyer, S. Ahmerkamp, M. Holtappels und R. Amann (2017): Permeability shapes bacterial communities in sublittoral surface sediments. Environmental Microbiology 19(4): 1584-1599. DOI: 10.1111/1462-2920.13676
Quelle: Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie
(04.07.2017)