(Februar 2013) Jemand hat mal gesagt: Bücher sind Briefe, bei denen der Absender die Empfänger nicht kennt. Robin Antar gestaltet Objekte, die gewissermaßen Briefe an die Zukunft sind. „Wird es im Jahr, sagen wir, 4013 noch Flaschen mit Heinz Ketchup geben?“ fragt sie, wenn sie diesen Alltagsgegenstand von heute aus rotem Travertin nachbildet.
Welches Material wäre geeigneter für solche Überlegungen als Stein?
Ihre Kopien sind dem Original täuschend ähnlich, beinahe identisch mit ihm, sogar das Etikett und der Schraubverschluss sind exakt nachgebildet. Allerdings ist die Flasche aus Stein um einiges größer als das Stück in natura.
Die Versteinerung ist für den Betrachter überraschend, und die Mittfünfzigerin hat ihre größte Freude genau daran. So erzählt sie gern die Story eines Besuchers, der bei ihr zuhause nach den falschen Milano Cookies aus Marmor griff. „Hatte ich Dir nicht gesagt, dass es bei mir nie Gebäck gibt?“ fragte sie ihn hinterher lachend.
Robin Antar jedoch als Clown zu sehen, hieße sie falsch einzuschätzen. Denn mit ihren Objekten wirft sie einen sehr genauen Blick auf die Alltagskultur in den USA. Deren prägende Bestandteile wie der Cowboyhut sind weltweit verbreitet und werden deutlicher wahrgenommen als die Werte, die sich die US-Gesellschaft auf die Fahnen geschrieben hat.
Langwierig und akribisch ist ihre Arbeit an einem solchen Objekt. Am Anfang steht die Suche nach der Steinsorte, die in Farbe und Struktur zu dem Gegenstand passt. In ihrer Garage hat sie Brocken von insgesamt etwa 10 t auf Lager, heißt es in Presseberichten.
Für die Jeans wählte sie einen Kalkstein, weil dessen Oberfläche am ehesten zum Gefühl dieser Textilien passt, wie sie uns schreibt. Da aber kein Stein mit Jeans-Farbe existiert, gab sie dem Material mit Steinöl die gewünschten Nuancen.
Echte Accessoires, wie etwa die Lederschnüre an den Boxhandschuhen, lassen den Betrachter wiederum stutzen.
Robin Antar ist in Brooklyn zuhause. Sie absolvierte die New York School of Visual Arts.
Dass sie 2 Kinder großgezogen hat, zeigt sich in ihren abstrakten Werken: deren Form entsteht manchmal dadurch, dass sie sich abreagieren muss. Eines der Werke aus der Reihe „Knots“ (Knoten) spiegelt eine Situation, als die Kinder sie mal wieder fast in den Irrsinn getrieben hatten, schreibt sie.
Manchmal findet sie eine Form, indem sie sich vor den Rohling setzt und meditiert.
Auch Arbeiten in Kunststein gibt es.
Übrigens: Ein unvollendetes Werk ist die Tüte für Kartoffelchips. Die Chips selbst hat sie noch nicht gefertigt: es wird noch ein Sponsor gesucht, dessen Produkte nachgebildet und in die Tüte gefüllt werden. Sein Logo wird dann auf der Tüte prangen.
Vielleicht stellen sich die Menschen im Jahr 4013 einmal die Frage, wie die Kartoffelchips vor der Versteinerung ausgesehen haben mögen.
Robin Antar: Realism in Stone
Fotos: Robin Antar