(März 2010) Nehmen wir, bevor wir ins Thema einsteigen, uns einen Moment Zeit für eine schöne Geschichte: Als nach 1985 Boris Becker berühmt wurde, beklagte sich ein Leser in einem Brief an eine Zeitschrift: „Wenn ich das Radio anschalte, höre ich Boris Becker! Wenn ich Fernsehen schaue, sehe ich Boris Becker, Wenn ich die Zeitung aufschlage, lese ich Boris Becker. Beinahe traue ich mich nicht mehr, eine Konservenbüchse aufzumachen.“
Damit haben wir schon die Grundregel 1 für eine erfolgreiche Pressearbeit genannt: Übertreiben Sie es nicht! Es reicht, wenn Sie von Zeit zu Zeit in den Medien erscheinen. Denn Sie sind kein Politiker, kein Star und kein Prominenter.
Folglich gibt es auch kein öffentliches Interesse für Sie und Ihre Firma, und deshalb kommt hier gleich die Grundregel 2 ins Spiel: Sie müssen auf die Journalisten zugehen.
Das gelingt Ihnen dann, wenn Sie die Grundregel 3 befolgen: Geben Sie den Journalisten etwas zum Weitererzählen, denn davon lebt die Presse.
Allerdings: Was hat Ihre Firma, was Journalisten für hinreichend interessant zum Weitererzählen halten könnten?
Die Antwort ist banal: Sie müssen ein Thema anbieten, das Sie selber gerne in der Zeitung lesen, im Radio hören oder im Fernsehen sehen würden.
Machen wir einen kleinen Selbstversuch, um das besser zu verstehen.
Frage: Würden Sie mit Interesse in Ihrer Zeitung lesen wollen, dass der Frisör in ihrem Stadtviertel eine neue Schere hat? Ja oder Nein? Oder, Frage: Würden Sie in ihrem Lokalfernsehen sehen wollen, dass es ganz woanders heftig geregnet hat?
Genau: Interessieren würde Sie sowohl das eine als auch das andere dann, wenn es für Sie von Belang wäre. Wenn also der Regen ganz woanders bei Ihnen eine Überschwemmung verursachen könnte. Oder wenn jene Schere des Frisörs zum Beispiel Ihren Kindern endlich zu den Frisuren verhelfen könnte, die derzeit so total angesagt sind.
Themen, die Sie einer Redaktion anbieten, müssen also einen Bezug zu deren Lesern haben. Das war Grundregel 4. Wohlgemerkt: zu möglichst vielen Lesern, nicht nur zu Ihnen.
Die Kunst besteht nun darin, mit dem Blick der Journalisten das eigene Unternehmen zu durchstreifen. Ein Beispiel: Sie haben ein neues Bürogebäude gebaut und dafür viel Geld investiert. Aus Ihrer Sicht ist das einen Bericht wert.
Aber warum sollte das sonst jemand interessieren? Andersherum gefragt: Wann wäre es von Interesse für sonst jemand?
Antwort: zum Beispiel dann, wenn Sie das neue Gebäude ein wenig inszeniert hätten. Lassen Sie doch zur Eröffnung auf dem Vorplatz einen Bildhauer eine Skulptur erstellen. Am besten einen Bildhauer aus der Umgebung (denn wir reden vom Kontakt zur Lokalredaktion). Darüber würden die Journalisten berichten. Und dabei auch Sie und Ihre Firma erwähnen.
Mehr sollten Sie gar nicht wollen, weil Sie ohne große Kosten nicht mehr bekommen können.
Oder: Sollte das Gebäude eine Fertigungshalle sein, teilen Sie den Journalisten doch mit, dass Sie damit zusätzliche Arbeitsplätze schaffen und dass Sie nun neue Absatzmärkte ins Auge nehmen können, was wiederum den Standort stärkt.
Neben solchen Themen mit Bezug zur lokalen Wirtschaft springen die Journalisten gerne auf Soziales an. Zum Beispiel: die Pflasterung rund um die Sitzbänke im Park in Ihrem Ort ist ramponiert. Schaffen Sie sich eine Maschine an, mit der man die Reststücke Ihrer Unmaßplatten brechen kann und setzen Sie sich mit der Stadtverwaltung und dem Rentnerverein in Verbindung: Dann stellen Sie das Material und die Maschine, die Rentner brechen die Steine und das zuständige Amt verlegt das Pflaster (und übernimmt die Pflege).
Kindergärten sind ebenfalls fortwährend dankbare Zielgruppen für soziale Aktionen. Sortierspiele anhand der Oberfläche der Steine oder nach deren Aussehen sind fast kostenlos herzustellen. Es gilt der Satz: Wer an die Menschen heran will, sollte freundlich zu den Menschen sein.
Grundregel 5 fasst das Bisherige zusammen: Sorgen Sie dafür, dass Ihr Unternehmen in Ihrer Region im Gespräch bleibt. Künstlerische oder soziale Aktionen sind Möglichkeiten. Auch Umweltthemen gehen immer.
Ganz wichtig im Presse-Geschäft ist Glaubwürdigkeit, so Leitlinie 6. Erzählen Sie den Journalisten nicht etwas von sozialen Aktionen, die in Wirklichkeit keine sind. Bluffen Sie nicht mit angeblich zusätzlichen Arbeitsplätzen.
Damit gelingt es Ihnen vielleicht zwar, ein Mal in die Medien zu bekommen. Aber seien Sie sicher, dass Ihre Konkurrenten in den Redaktionen anrufen und dort gehörig Dampf machen.
Grundregel 7: Ganz wichtig im Kontakt zu Redaktionen ist professionelles Pressematerial. Pressemitteilungen schreiben ist wie Rechnungen schreiben: Achten Sie darauf, dass alle Fakten drin sind und alle auch stimmen. Machen Sie es den Journalisten leicht, keine Fehler zu machen.
Zwei Aspekte noch. Stellen Sie sich darauf ein, dass ein erfolgreicher Kontakt zu den Medien Ihr Unternehmen positiv verändert, nämlich modernisiert. Das Beispiel von oben: wenn Ihr Unternehmen am neuen Pflaster im Stadtpark beteiligt war, schafft das unweigerlich ein Gemeinschaftsgefühl auch unter Ihren Mitarbeitern, um nur einen der vielen Aspekte von Corporate Social Responsibility (Unternehmerischer Verantwortung für das Gemeinwesen) zu nennen.
Deshalb und apropos Modernisierung: Wenn Sie schließlich den guten Draht in eine Redaktion haben, schauen Sie doch auch mal nach, wie Ihr Draht zu Ihren Mitarbeitern ist.
Die sind auf der lokalen Ebene die allerbesten Multiplikatoren für Ihre Botschaften.