Mit ihrer neuen Reihe DVG-Digital will die Vulkanologische Gesellschaft Wissen als „ein neues, zeitgemäßes Angebot“ bereitstellen
Auch heute wählen Architekten die Tuffsteins aus der Osteifel für moderne Bauten, wie das Foto (oben) eines Büro- und Wohnkomplexes im Aachener Südviertel zeigt.
Eine detaillierte Broschüre zu diesen Werksteinen hat nun die Deutsche Vulkanologische Gesellschaft (DVG) vorgelegt. Deren Vorstandsmitglied Karl-Heinz Schumacher beschreibt auf 46 Seiten detailliert die Sorten Beller, Ettringer, Riedener und Weiberner petrographisch, widmet sich der Bedeutung dieses Wirtschaftszweigs für die Region und stellt zahlreiche Verwendungen in Gebäuden vor.
Römertuff als auch Laacher Tuff im engeren Sinne werden nicht betrachtet.
Eine Besonderheit der Veröffentlichung wollen wir gleich herausstellen: um Kosten zu sparen, ist die Broschüre nicht gedruckt zu haben; vielmehr kann jeder sie als pdf im Netz lesen beziehungsweise herunterladen. Mit der neuen Reihe DVG-Digital will die Gesellschaft „ein neues, zeitgemäßes Angebot für alle an der Vulkanologie Interessierten“ bereitstellen, heißt es auf der Webpage.
Widmen wir uns zunächst einem unklaren Aspekt des Themas, nämlich der Frage, ob die oben genannten Sorten schon zu Zeiten der Römer abgebaut wurden. Schumacher hat die Fakten und Fotos zusammengetragen: als man beim Bau eines Zubringers zum Nürburgring auf unterirdische Kammern stieß, stellte sich zweifelsfrei heraus, war dort vor langer Zeit der Weiberner bergmännisch abgebaut worden war.
Jedoch wurden die von Pfeilern gestützten Kammern nicht intensiv untersucht, sondern nach einer Begehung gleich wieder verfüllt, so dass die Frage letztendlich weiterhin offen ist.
Schumacher nennt zusätzliche Indizien aus der weiteren Umgebung.
Tuffstein ist leicht abzubauen, gut zu bearbeiten und eignet sich auch wegen seines geringen Gewichts fürs Bauen, sogar für Gewölbe. Problematisch kann die Anfälligkeit gegen Feuchtigkeit sein, weshalb die Steine im Regelfall nicht für Sockel an Bauwerken verwendet werden.
Das berühmteste Gebäude in der Region selbst ist das Kloster Maria Laach, neben dem dominierenden Weiberner Tuff vor allem mit verschiedenen Basaltlaven und Kalkstein errichtet.
Über Jahrhunderte wurde das Material über den Rhein transportiert und prägte die romanischen und gotischen Kirchen sowie Repräsentativbauten im Rheinland. Über die Wasserwege gelangte es bis nach Jütland oder Nordfrankreich.
Mit der Eisenbahn etwa ab 1850 waren plötzlich auch die Märkte abseits der Flüsse zu erreichen. Schumacher stellt zahlreiche wichtige Gebäude aus ganz Deutschland mit den Tuffsteinen der Osteifel vor: vom Hamburger Hauptbahnhof über die Abfertigungshalle an den Landungsbrücken bis hin zur Berliner Gedächtniskirche.
Der Schwerpunkt liegt auf Bauten in der Region, etwa dem Bundeswehrbeschaffungsamt in Koblenz oder dem ehemaligen Bahnhof der Brohltalbahn in Weibern, heute „Steinmetzbahnhof“.
Ein Zentrum des Steinabbaus und der Verarbeitung war Weibern: „Um 1900 arbeiteten dort ca. 1.200 Arbeiter in 25 Betrieben (Steinbrüche und Werkstätten), obgleich die Ortsbevölkerung 1905 lediglich 1089 Menschen umfasste“, so Schumacher. Seit der Gründerzeit waren die Weiberner Tuffe zu einem Marktrenner geworden: „Hunderte Steinblöcke wurden auf Lagerplätzen vorgehalten, die Steinmetzunternehmen Hoss und Portz besaßen sogar eigene Bahnanschlüsse.“
Das ehedem abgelegene und verschlafene Eifeldorf erreichte einen beträchtlichen Wohlstand, der sich noch heute von den Fassaden vieler mehrstöckiger Gebäude ablesen lässt.
Eine besondere Verwendung erlebte der Tuff aus dem Örtchen Bell als Stein für Holzbacköfen.
Zum Ende des Textes geht der Autor noch auf die aufgelassenen Steinbrüche und deren Bedeutung als Rückzugsorte für seltene Arten ein.
„Tuffe des Riedener Vulkankomplexes – Naturwerksteine aus der vulkanischen Osteifel“ von Karl-Heinz Schumacher, 46 S., 53 Abb., 1 Tab., 4 Karten, DVG-Digital
Deutsche Vulkanologische Gesellschaft (DVG)
Fotos: Karl-Heinz Schumacher
(17.09.2019)