Das Material wird „eine Renaissance erleben“, während es über lange Zeit „ein vergessener Baustoff war“, so Hermann Graser (Verbandspräsident) beziehungsweise Reiner Krug (Geschäftsführer)
Die Aussichten für die Nachfrage nach Naturstein könnten im Moment nicht besser sein (wenn man die Unwägbarkeiten aufgrund des Ukrainekrieges einmal übergeht). Dieser Tenor bestimmte die Vorträge von Verbandsseite auf der DNV-Mitgliederversammlung am 08. und 09. Juli 2022 in Frankfurt am Main. Hermann Graser jun., Präsident des Deutschen Naturwerkstein-Verbands, und Reiner Krug, Verbandsgeschäftsführer, brachten die Vorteile des Materials auf einige zentrale Punkte: Naturstein hat eine unübertroffene CO2-Bilanz selbst im Vergleich zu Holz, bietet unendliche Möglichkeiten zur Aufarbeitung und Wiederverwendung und ist 100% natürlich sowie frei von Schadstoffen.
Beide betonten aber auch, dass trotz der guten Lage die Natursteinbranche zusätzliche PR-Anstrengungen unternehmen müsse. Denn: die Keramikindustrie und die Hersteller von Kunststeinen haben gewaltige Budgets fürs Marketing, und sie geben derzeit besonders große Summen aus, um ihre Produkte in einem Licht der Nachhaltigkeit erstrahlen zu lassen.
Graser appellierte deshalb an die Firmen, bei der Online-Kampagne „Zukunft Naturstein – natürlich nachhaltig“ mitzumachen. Sie propagiert seit 2021 vor allem in den Social-Media-Kanälen die Stärken des Steins: Gezeigt wird, wie Architekten, Innenarchitekten oder Privatleute Naturstein für ihre Gestaltungen nutzen können. Derzeit beteiligen sich 13 Verbandsmitglieder an der Kampagne – eingeladen sind alle anderen, ebenfalls ihre Projekte zu präsentieren und so nicht nur für das Material, sondern auch für sich selbst zu werben.
Wie erfolgreich solch eine Initiative sein kann, hat das US-amerikanische Natural Stone Institute (NSI) mit seiner Webpage „Use Natural Stone“ (Naturstein Verwenden) unter Beweis gestellt, wo es um Ideen rund um Naturstein und zudem um praktische Fragen wie Pflege und Reinigung geht.
Im Mittelpunkt der Vorträge von Graser und Krug standen Betrachtungen zur Bauwirtschaft. Berechnungen haben nämlich gezeigt, dass 40% der weltweiten CO2-Emissionen von Gebäuden verursacht werden. Während in den vergangenen Jahrzehnten die Aufmerksamkeit vor allem auf dem Energiesparen etwa durch Dämmung des Mauerwerks oder durch Doppelfenster lag, wendet sich die Aufmerksamkeit nun stärker den verwendeten Materialien zu: die so genannte Graue Energie benennt, wieviel Energie bei der Erzeugung der Baustoffe verbraucht wurde.
Hier kann Naturstein richtig punkten, denn er ist schlichtweg vorhanden und muss nur abgebaut und anschließend verarbeitet werden. Die Ökobilanzen dazu hat der Verband wissenschaftlich erstellen lassen und in mehreren Broschüren veröffentlicht.
Ein Aspekt drängt sich dabei neuerdings ins Blickfeld – die Lebensdauer der Gebäude. „Wir sind die erste Generation, die Häuser baut, die nur für 30 Jahre geplant sind“, sagte Krug, und Graser, der in Bamberg zuhause ist, merkte an: „Unsere Altstädte sind beste Beispiele für klimaneutrales Bauen.“
Beide forderten „einen Paradigmenwechsel hin zur Verwendung natürlicher Baustoffe“.
Aber: rechnet sich das Bauen mit Naturstein, der doch als teuer gilt? Krug nahm sich diesen Aspekt vor: „Wenn man durchrechnet, dass zum Beispiel ein Granitpflaster auf einem Platz eine Lebenszeit von 150 Jahren und mehr hat, muss man die dort (wieder)verwendeten Steine sogar als billig bezeichnen.“
Fazit also: die Zukunft gehört dem Naturstein, wie es auch der Titel der Online-Kampagne benennt. „Naturstein wird eine Renaissance erleben“, sagte Graser voraus, und Krug merkte an: „Stein war als Baustoff bloß in Vergessenheit geraten.“
Positiv war sogar der Tenor des Berichts aus der Verbands-Kommission Friedhof und Grabmal, deren Mitglieder seit langem mit einem Wandel der Bestattungskultur und mit Billigimporten aus Asien zu kämpfen haben. Heinz Blaschke, Vorsitzender der Arbeitsgruppe, will ein Portal „Zukunft Grabmal – in Deutschland hergestellt“ schaffen. Der Titel bezieht sich auf Kampagne von vor circa 20 Jahren. Generell will er „die Friedhöfe behutsam weiterentwickeln und ihren kulturellen Wert bewahren“.
Weitere Themen waren:
* das Geschäftsjahr schloss der Verband wieder mit einem kräftigen Plus ab;
* besondere Erträge kamen aus EU-Forschungsprojekten. Neue Projekte sind „Nanosafe“ (Feinstaubbelastung) und „Inclusive Stone“ (Behinderte und Benachteiligte in die Steinbranche holen);
* was die aktuellen Unsicherheiten bei der Kostenkalkulation angeht, empfiehlt der Verband, die Preisgleitklausel zu nutzen und bieten den Mitgliedern Beratung dazu;
* zur Stone+tec wurde eine positive Bilanz gezogen;
* es wurde der Verstorbenen gedacht: Wolfgang Thust (Thust Stein), Hermann Graser sen (Bamberger Natursteinwerk), Tobias Maier (Lauster Steinbau), Günther Henschel (DNV-Präsident von 1989 bis 1993);
* in Vorträgen präsentierten sich die Einkaufsgemeinschaft Bamaka, über Bürgschaftsversicherungen referierte eine Vertreterin der Helmsauer Gruppe;
* die nächste Mitgliederversammlung findet am 07. und 08. Juli 2023 in Würzburg statt.
Deutscher Naturwerkstein-Verband
(12.07.2022)