Bilanz der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zwei Jahre nach der Jahrhundertflut
Zwei Jahre nach der Flutkatastrophe insbesondere in der Eifel und an der Ahr zieht die private Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) nun Bilanz. Mit über 4,1 Millionen Euro half sie mit ihrem Nothilfeprogramm bei insgesamt 527 Sanierungsmaßnahmen an flutgeschädigten Denkmalen.
Neben der finanziellen Unterstützung leistet die Stiftung seit fast zwei Jahren auch praktische Aufbauhilfe vor Ort. Auch zukünftig wird die Stiftung kontinuierliche Hilfe im Flutgebiet leisten – denn die Aufgaben sind noch lange nicht bewältigt und die Not ist weiterhin groß.
Insgesamt gingen bei der Flutkatastrophe in der Eifel und an der Ahr dutzende Denkmale verloren, hunderte wurden schwer beschädigt. Der Verlust so vieler ortsbildprägender historischer Gebäude verändert das „Gesicht“ dieser Orte gravierend und hat Auswirkungen auf die touristische Attraktivität der Region. Der Kampf um den Erhalt jedes historischen Gebäudes ist daher heute und in Zukunft nur umso wichtiger.
Gleich nach der Flutkatastrophe hatte die in Bonn ansässige Deutsche Stiftung Denkmalschutz schnelle Rettungsangebote ermöglicht – und ist seitdem kontinuierlich vor Ort. Ein dreistufiges Soforthilfeprogramm sorgte dafür, betroffenen Denkmaleigentümern rasch und unbürokratisch finanziell und beratend Hilfe zukommen zu lassen. Mit ihren Jugendbauhütten unterstützte die Stiftung Denkmaleigentümer zudem konkret bei den Aufbauarbeiten, was als großes Hoffnungszeichen gewertet und dankbar angenommen wurde.
„Wir sind unseren Förderern überaus dankbar“, bringt es DSD-Vorstand Dr. Steffen Skudelny mit Blick auf die beiden zurückliegenden Jahre auf den Punkt, „dass wir durch die enorme Solidarität privater Spender und Stifter sehr schnell Mittel ausreichen konnten, als staatliche Gelder noch nicht flossen, und mit den Freiwilligen der Jugendbauhütten Häuser aufbauen konnten, als nirgendwo Handwerker zu bekommen waren.“
Zuletzt veranstaltete die Deutsche Stiftung Denkmalschutz im Juni ein Fluthilfecamp mit über 300 jungen Erwachsenen, die zwei Wochen lang an 17 Baustellen im Ahrtal sichtbare Fortschritte bei Wiederaufbaumaßnahmen „stemmen“ konnten. Aus dem ganzen Bundesgebiet reisten Freiwillige an, um einen praktischen Beitrag zum Erhalt gerade der identitätsstiftenden und unverwechselbaren Bauten des Ahrtals zu leisten und damit ein persönliches Zeichen uneigennützigen Engagements zu setzen. Das war für die flutgeschädigten Denkmaleigentümer eine große und wertvolle Hilfe, nicht zuletzt, da die Sorgen vor Ort nach zwei Jahren nicht mehr im Fokus der Öffentlichkeit stehen.
Ebenso wichtig wie die finanzielle und praktische Hilfeleistung vor Ort ist der DSD auch, die Erfahrungen aus der Jahrhundertkatastrophe auszuwerten, um zukünftige Katastrophen besser begegnen zu können:
Besonders bedauerlich ist aus Sicht der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, dass ein großer Teil der verlorenen Denkmale nicht der Flut direkt zum Opfer gefallen, sondern auf vorschnellem Abriss nach der Flut zurückzuführen ist. Gerade historische Gebäude zeichnen sich – vor allem aufgrund der hier verwendeten nachhaltigen Baustoffe – durch weitreichende Reparaturfähigkeiten aus, weswegen hier auch seitens der Baugutachter andere Maßstäbe angelegt werden müssen. Hier sieht die Stiftung einen deutlichen Qualifizierungs-Bedarf bei der gutachterlichen Bewertung von Denkmalen.
Auch sind Unterschiede in der Wiederaufbaugeschwindigkeit und im Umgang mit dem kulturellen Erbe im Rheinland und in Rheinland-Pfalz festzustellen.
Die schnelle und unbürokratische Hilfe der Stiftung wurde im Rheinland als wertvolles Element des Wiederaufbaus gelobt. Die Kulturdenkmale erhielten auch von den Behörden ein besonderes Augenmerk. Die Denkmalfachbehörde des Landschaftsverbandes Rheinland und viele kommunale Denkmalämter untersuchten vielerorts beschädigte Bauten und unterstützten ganz aktiv den Wiederaufbau.
In Rheinland-Pfalz wurde die Rettung bedrohter Kulturdenkmale politisch und kommunikativ deutlich weniger in den Fokus genommen. Der vielfältige Einsatz der DSD fand bei den politisch Verantwortlichen in Rheinland-Pfalz wenig Resonanz, obwohl es sich um eine Aufgabe von Verfassungsrang handelt. Die regional sehr aktiven kommunalen Denkmalbehörden konnten trotz aller Bemühungen vielerorts ihre Ziele der Denkmalbewahrung nicht erreichen. Ein Symbolbild für den Verlust von Kulturgut als Spätfolge der Flut ist die unmittelbar vor dem Abriss stehende Brücke in Rech. Ein aktiver Versuch der Verantwortlichen zu Bewahrung war hier leider nicht zu erkennen.
Aus diesen Erfahrungen sieht die DSD bei zukünftigen Katastrophen, aber auch im alltäglichen Umgang mit unserem Kulturerbe deutlichen Verbesserungsbedarf. Der fehlende Austausch von politischen Entscheidern mit Experten hinsichtlich der Erhaltungsmöglichkeiten von Denkmalen und neuer Erkenntnisse sind ein Manko. Hinzu kommen das Fehlen übergeordneter Konzepte, transparenter Strukturen, Verantwortlichkeiten und Entscheidungswege und fachlich ausgewogene, fundierte Entscheidungsgrundlagen. Hier muss nun, zwei Jahre nach der Flut, dringend nachgesteuert werden, um in Zukunft Mensch, Kultur und Geschichte besser zu schützen.
Quelle: Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD)
(03.08.2023)