Neues zu den Steinaugen der im Meer lebenden Käferschnecke Acanthopleura granulata

Zwei gut getarnte Exemplare von Acanthopleura granulata, erkennbar an der Schale und dem Gürtel darunter. Foto: Hans Hillewaert / <a href="https://commons.wikimedia.org/"target="_blank">Wikimedia Commons</a>, <a href=" https://en.wikipedia.org/wiki/Creative_Commons_license"target="_blank">Creative Commons License</a>

Die kleinen Weichtiere haben Linsen aus Aragonit und können über Helligkeitsveränderungen vermutlich das Auftauchen von Fressfeinden wahrnehmen

Die Linse ist ein zentraler Bestandteil des Auges der Menschen und Tiere, denn sie bündelt das Licht und macht so erst die Umgebung erkennbar. Bisher waren in der Natur nur Linsen aus organischem Material bekannt – nun sind bei einfachen Meerestieren Augen genauer untersucht worden, bei denen die Linse aus transparentem Stein besteht. Es handelt sich um Aragonit, ein gar nicht seltenes Mineral des Kalziumkarbonats.

Die Tiere tragen den lateinischen Namen Acanthopleura granulata. Sie leben im warmen Meer im Golf von Mexiko oder vor Indien bis in 1 m Tiefe und weiden dort totes Material vom Boden und von Steinen ab. Anders als die Landschnecken, bei denen die Häuser aus einem festen Gebilde bestehen, besteht ihr Haus aus mehreren Streifen, die nebeneinander angeordnet sind. Unter dieser festen, aber flexiblen Schale liegen der weiche Körper Kriechfuß. Markant ist eine Art von weichem Gürtel, der den unteren Rand der Schale bildet.

Die Tiere werden maximal ein paar cm groß.

Unten: Chiton-Augen mit deutlich sichtbaren durchscheinenden Linsen und Pigmentschichten. Der Maßstabsbalken gilt nur für (C) und misst 200 μm.

Die Augen hat man sich als winzige Vertiefungen in der Schale vorzustellen. Bei der untersuchten Art beläuft sich ihre Zahl auf mehrere 100 oder sogar mehrere 1000 pro Exemplar, die über die Außenhaut verteilt sind. Sie bestehen aus einer Pigmentschicht, einer Retina und eben der Linse aus Aragonit.

Aragonitaugen sind starr und können daher ihren Fokus oder ihre Blickrichtung nicht so anpassen, wie es die weichen Augen anderer Lebewesen können. Jedoch geht die Fähigkeit der Käferschnecken, visuelle Informationen zu verarbeiten, über das einzelne Auge hinaus: Die starren optischen Elemente sind über ein komplexes mikroskopisches Netzwerk miteinander verbunden, das lichtempfindliche Zellen und Nervengewebe umfasst.

Das Tier erhält von diesem Netzwerk ein visuelles Feedback, aber nicht jedes Auge verarbeitet viele Daten. Da ein einzelnes Auge etwa so breit ist wie ein menschliches Haar, ist das einäugige Chiton-Sehen alles andere als hochauflösend.

Bekannt ist, dass die Tiere Helligkeitsveränderungen über sich wahrnehmen und so das Auftauchen von Feinden wahrnehmen können. Da die Aragonit-Linse zwei Brennweiten hat, ist dies sowohl unter als auch über Wasser möglich.

Augenzellen von Acanthopleura granulata.

Unklar sind jedoch zahlreiche Fragen: Kommen alle winzigen Bilder im Nervensystem des Tieres wieder zusammen? Ist es in der Lage, aus diesen Fragmenten ein vollständiges Bild zu erstellen? Führen die von deneinzelnen Augen erfassten visuellen Informationen zu einem Bild mit höherer Auflösung?

Um sie zu klären, wurde nun ein führender Wissenschaftler in diesem Bereich mit großzügigen Mitteln ausgestattet: Ling Li, außerordentlicher Professor an der Fakultät für Maschinenbau an der Virgina Tech, hat für einen Zeitraum von drei Jahren 1,05 Millionen US-$ erhalten.
Ling Li, associate professor in the Department of Mechanical Engineering, has been awarded $1.05 million over three years.

Zu seinem Forscherteam wird auch sein ehemaliger Mitarbeiter Daniel Speiser gehören, nun außerordentlicher Professor an der University of South Carolina. Der Mathematiker Daniel Baum vom Zuse-Institut in Berlin wird sein Knowhow in Bildverarbeitung einbringen.

Virginia Tech

Science Direct

(02.11.2023, USA: 11.02.2023)