(April 2011) Bis zum Frühjahr 2013 wird von der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche nichts als eine gewaltige Umhüllung zu sehen sein. Die Ruine des Gotteshauses am Breidscheidplatz in Charlottenburg, die als Mahnmal an die Zerstörungen des 2. Weltkriegs erinnert, muss restauriert werden. Denn die Folgen einer Sanierung in den 1980-er Jahren und die Verwitterung lassen den Stein vielfach bröckeln.
Die teils gravierenden Schäden gehen auf den damaligen Wissensstand zurück, als man meinte, mit Chemie jedweden Schäden am Stein vorbeugen zu können. „Sämtliche Flächen der Turmruine wurden mit Kieselsäureester gefestigt und im Nachgang mit Silikonzusätzen Wasser abweisend beschichtet,“ zitiert die „Berliner Morgenpost“ einen Mitarbeiter des beauftragten Büros Gerhard Schlotter Architekten (BASD), „in manchen Bereichen hat sich das System sicherlich bewährt, aber nicht überall.“ Fatale Folge war, dass das Wasser etwa an den Fugen hinter die imprägnierte Steinschicht gelangen konnte und angesichts der verschlossenen Kapillaren bis zum Frost dort verblieb.
4,2 Millionen € hat die Kirchengemeinde durch Spenden eingenommen. Ob die Summe reicht, ist ungewiss. Denn erst seit das Baugerüst und die Umhüllung fertig sind, kann eine detaillierte Materialanalyse beginnen. Die wird in Zusammenarbeit mit den Experten der Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM) durchgeführt. In einem ersten Schritt war das gesamte Bauwerk von den Dächern der Umgebung aus gescant worden.
Für die Sanierung setzt das Architekturbüro auf Handwerk, betont die „Berliner Zeitung“. Defekte Stellen im Stein sollen durch Vierungen ersetzt werden. „Die Einschusslöcher, die die Gedächtniskirche im 2. Weltkrieg erhielt, werden aber bleiben“, so das Blatt.
Besonderheit bei der Einwerbung von Spenden sind Fugenpatenschaften ab 100 €. Dafür erhalten die Spender ein Foto „ihres“ sanierten Planquadrats mit „ihrer“ Fuge. „Wir haben noch 6000 m Fugen zu vergeben“, wird der Gemeindepfarrer zitiert.
Eine andere Besonderheit ist die Umhüllung der Baustelle mit weißen Alu-Blechen, die in einer Höhe von 5,50 m beginnen. Das war nötig, um den normalen Betrieb auf dem belebten Cityplatz auch während der Bauzeit möglich zu machen.
Von Frühjahr an wird es Führungen über die Baustelle geben. Die Teilnahme soll kostenlos sein, jedoch wird um Spenden gebeten.
Was heute üblicherweise als Gedächtniskirche bezeichnet wird, war der Hauptturm des großen Gotteshauses in Gedenken an Kaiser Wilhelm I. aus dem Jahr 1895. Die Ruine hat ihr Pendant in der Kathedrale von Coventry, die ebenfalls im Bombenfeuer des 2. Weltkriegs ausbrannte. Beide wollen zu Frieden zwischen den Völkern mahnen. Direkt neben der Ruine in Berlin steht die neue Gedächtniskirche von Egon Eiermann mit einem modernen Turm und einem achteckigen Kirchenschiff, das inmitten des Großstadttrubels eine Oase der Stille ist.