Istanbul Mineral Exporters’ Association (IMIB) ist der landesweite Natursteinverband der Türkei. 2333 Firmen von Steinbrüchen über Verarbeiter bis Händler sind Mitglieder. Es handelt sich um Pflichtmitglieder. Im Jahr 2014 wurde Ali Kahyaoğlu, Gründer und Chef der Firma Naturelmar Mining, zum neuen Präsidenten des Verbands gewählt. Peter Becker von Stone-Ideas.com, sprach mit ihm. Die erste Frage bezieht sich auf den Rückgang in den Exporten der Türkei im Jahr 2014, über den wir berichtet hatten.
Stone-Ideas.com: Wie bewerten Sie die aktuelle Situation für die türkische Natursteinbranche?
Ali Kahyaoğlu: Ungewissheit bestimmt die Weltwirtschaft: der Ölpreis fluktuiert, die Krise in Russland und die Unruhen in einigen Staaten des Mittleren Ostens sind wichtige Faktoren für den Export von Naturstein. Trotzdem hoffe ich, dass wir 2015 das Niveau unserer Ausfuhren halten werden. Erreichen können wir das, indem wir die Lieferung von Endprodukten in die USA steigern. Was China angeht, haben wir positiv registriert, dass die Regierung dort die Kreditvergabe für Ausfuhren von endverarbeitetem Stein wieder aufgenommen hat. Und Indien, unser zweitwichtigster Markt in Asien, hat seine Quote für die Einfuhr von Stein ins Land von 600.000 auf 800.000 t erhöht.
Stone-Ideas.com: Gibt es ein Ziel, das sich die türkische Steinbranche auf längere Sicht gesetzt hat, vielleicht bis 2023, dem 100. Jahrestag der Gründung der türkischen Republik?
Ali Kahyaoğlu: Ursprünglich hatten wir uns für dieses Datum Natursteinexporte in Höhe von 15 Milliarden US-Dollar als Ziel gesetzt. Später haben wir das auf 23 Milliarden US-Dollar hochgesetzt. Es mag scheinen, dass das aktuell schwer zu erreich ist, aber wir werden unsere Anstrengungen fortsetzen. Um nur ein paar Maßnahmen zu nennen: IMIB wird auf denjenigen ausländischen Märkten türkische Handelscenter (TTM) einrichten, die unsere staatliche Exportorganisation benannt hat. Der Fokus dieser Center liegt auf Marmor, und die erste solche Einrichtung wird in China eröffnet, die zweite in Los Angeles und die dritte in Dubai oder Qatar. Das geschieht 2015 und wird die Firmen, die dort aktiv sind, stärken.
Stone-Ideas.com: Planen sie auch etwas für solche Firmen, die überhaupt erst mit dem Export anfangen wollen?
Ali Kahyaoğlu: Wir beteiligen uns an einem neuen Projekt, das solchen Anfängern den Start auf neuen Märkten erleichtern soll. Im Rahmen des „Natural Stone Power Unification project targeting 2023” werden eine begrenzte Zahl von Firmen ein Training durchlaufen, in dem sie fit gemacht werden für ein Marketing im Ausland. Dabei geht es um Recherche zu fremden Märkten, um Messen, um Handelsmissionen und um Einkaufsorganisationen usw.
Stone-Ideas.com: In wie weit sollte die Regierung die Steinbranche besser unterstützen, damit diese Ziele zu erreichen sind?
Ali Kahyaoğlu: Die türkische Regierung sollte aufhören mit bürokratischen Restriktionen und der Steuerlast. Eine verbessere Koordination wäre sehr hilfreich, weil wir zum Beispiel im Fall von Lizenzen für Steinbrüche es bislang mit 3 Ministerien zu tun haben. Ich bin der Ansicht, dass unsere Branche, die doch in alle Bereiche des Lebens hineinspielt, ein einziges Ministerium für alle seine Belange braucht. Darüber hinaus sollten alle Behörden diejenigen unterstützen, die Fabriken gründen oder mit der Produktion fortfahren wollen, was aus unseren natürlichen Ressourcen Werte schafft.
Stone-Ideas.com: Und die Firmen der Steinbranche selbst – wo müssen sie besser werden?
Ali Kahyaoğlu: Es sollte größere Betonung auf Forschung und Entwicklung gelegt werden. Denn dadurch kann Mehrwert schaffen werden. Was Firmen betrifft, die aus eigener Kraft keine Forschung und Entwicklung machen können, sollten wir unsere Unterstützung für sie erhöhen.
Stone-Ideas.com: Lassen Sie uns nochmal auf die Exporte zurückkommen. Welches sind im Moment die wichtigsten Zielländer? Wo sehen Sie neue Chancen?
Ali Kahyaoğlu: Im Moment ist China das Zielland Nummer eins. Die USA, der Irak, Saudi Arabien und Indien folgen in der Rangliste. In diesem Jahr rechnen wir mit einer Wiederbelebung des Marktes in Qatar. Auch auf Indien richten wir große Erwartungen, so dass Indien für uns gewissermaßen ein zweites China werden könnte. Wie bereits gesagt, werden die Handelscentren große Chancen bieten: Da wir unsere Waren dort lagern können, können wir schneller als Mitbewerber unsere Kunden beliefern.
Stone-Ideas.com: Mehrwert zu schaffen wurde schon erwähnt. Welche Rolle spielt für Sie Design?
Ali Kahyaoğlu: Design, Forschung und Entwicklung und das Schaffen von Marken sind Themen von zentraler Bedeutung für uns. Die Türkei hat enorme Ressourcen, aber wir verkaufen sie bislang oft zu billig und sind auch noch daran gewöhnt. Um das zu überwinden, legt IMIB großen Wert auf unseren Wettbewerb für Naturstein-Design, der in diesem Jahr zum 4. Mal stattfindet. In diesem Zusammenhang geht es auch darum, junge Kreative an unsere Branche anzubinden. Deshalb haben wir hohe Preisgelder ausgesetzt, aber nicht nur das. Neuerdings setzen wir auch Stipendien für zweijährige Studienaufenthalte im Ausland aus. Unser Bildungsministerium beteiligt sich hier als Sponsor. Und schließlich werden wir Institutionen schaffen, die die Designer besser in Kontakt mit unseren Firmen bringen.
Stone-Ideas.com: Schließlich: wie sollte die Türkei mit ihren reichen Ressourcen von Marmor und Travertin umgehen?
Ali Kahyaoğlu: Unsere Steinbrüche sind nicht unser Erbe, das wir von den Vorfahren bekommen haben; sie sind die Verbrauchsmaterialien für unsere Kunden und stehen nur unter unserer Obhut. Deshalb ist mir das Thema ,Umweltfreundliche Steingewinnung’ sehr wichtig. Es meint, dass der Abbau mit der Umwelt zusammengehen muss. Das bedeutet auch, dass wir das kleinste Stück Stein verarbeiten und daraus Wert schöpfen sollten. Wenn es uns gelingt, unsere Steinprodukte zu verbessern – die wir im Moment übrigens schon in 175 Ländern weltweit liefern -, dann werden auch in den kommenden Jahren unsere Exporte steigen.
(19.05.2015)