Architektur: Glasscheiben im Marmorlook

(August 2012) Wenn man als Architekt einen Steinwurf vom Arc de Triomphe in Paris ein Bürogebäude errichten soll, dann sind die Anforderungen hoch: unter anderem muss das Haus zu den Fassaden drumherum passen und am besten den Kalkstein aus der Zeit von Baron Haussmann tragen. Dennoch aber sollte es sich zeitgemäß präsentieren, also offen und folglich mit viel Glas sein.

Einen interessanten Mittelweg hat das Büro Manuelle Gautrand Architecture für den französischen Hauptsitz der Barclays Capital Bank mit der Adresse 36, Boulevard de Friedland gefunden: die Fassade trägt Glasscheiben im Marmorlook. „Eleganz und Modernität“ sollte damit ausgedrückt werden, schreiben die Planer.

Um es gleich zusagen: der Stein ist nicht echt. Es handelt sich um einen Film, auf den das Marmorbild bloß aufgedruckt ist, so als hätte man das natürliche Material in millimeterdünne Scheiben geschnitten und dann auf das Glas aufgeklebt.

Echten Dünnstein aber wollten die Architekten nicht: die Unsicherheit war ihnen zu groß, ob er den Bedingungen außen an einer Fassade standhalten würde.

Weitere Argumente für einen Film waren, dass es sowohl für den Farbton (des „Steins“) als auch für seine Adern exakte Planungen gab. Denn in der Mitte der Fassade sollte beides deutlich sichtbar sein, nach außen hin aber verblassen.

Markant ist die Fassade aber nicht nur wegen ihrer Außenhaut im Marmorlook. Auffällig sind auch die Faltungen nach der japanischen Papierkunst, die dem Gebäude den Namen „Origami Building“ gaben.

Verschiedene Effekte entstehen durch die „gefalteten“ Glasscheiben zusammen mit dem Steinfilm: Je nach Sonnenstand ändert sich das Spiel von Licht und Schatten auf der Oberfläche, und auch die Farbtöne des Materials variieren stark.

Die vorgesetzten Scheiben sind auch Sicht- und Sonnenschutz. Dennoch muss es spektakulär für die Beschäftigten sein, wenn das Sonnenlicht durch den Steinfilm ins Büro fällt. Das Muster im Material wurde nach dem so genannten open book gestaltet, wo die Adern wie aufgeklappt zueinander stehen.

Schließlich präsentiert sich die Fassade in den Nachtstunden ganz anders als tagsüber.

An der Fassade des Hofgebäudes gibt es weitere Dekor-Besonderheiten, hier in gegossenem Beton.

Das „Origami Building“ erfüllt die Bedingungen der High Environmental Quality (HEQ). Sie reichen vom Einsatz nachhaltiger Produkte über Lärmschutz am Bau bis hin zu Verträglichkeit mit der unmittelbaren Umgebung.

Es umfasst hochwertige Büros, einen Bereich zum Entspannen mit Cafeteria sowie Besprechungsräume, technische Bereiche, ein Archiv und auf den Untergeschossen 85 Parkplätze. Die Lobby verbindet das Vorder- und das Hinterhaus.

Ganz oben über den Dächern von Paris gibt es eine Terrasse.

Manuelle Gautrand Architecture

Fotos: Vincent Fillon / Manuelle Gautrand