(Oktober 2013) Manchmal ist es gut, dass die Menschheit Geschehnisse aus der Vergangenheit vergisst. So zum Beispiel das Jahr 1816, das als Jahr ohne Sommer in die Geschichte einging. Damals wurde die gesamte Nordhalbkugel von unglaublichen Hungersnöten heimgesucht, in denen die Menschen zunächst ihr Vieh und dann selber Gras aßen. Im Jahr zuvor war in Indonesien der Vulkan Tambora explodiert und hatte riesige Asche- und Gasmassen in die Atmosphäre geschleudert.
Einem zweimal größeren Ereignis im Jahr 1257 ist jetzt eine Forschergruppe um Franck Lavigne von der Pariser Universität Pantheon-Sorbonne auf die Spur gekommen. Und mehr noch: Sie hat Hinweise entdeckt auf eine Königshauptstadt, die in der Katastrophe vielleicht verschüttet wurde und die – ähnlich wie Pompeji – auf Wiederentdeckung wartet.
Hinweise auf solch ein Ereignis in weiter Vergangenheit hatte es schon länger durch Bohrkerne aus Gletschereis gegeben. Versuche, das Vulkanereignis zu lokalisieren, scheiterten jedoch. Allenfalls Vermutungen waren es, die die Katastrophe im Tropengürtel ansiedelten.
Lavigne und sein Team haben nun Messdaten aus sehr vielfältigen Quellen mit einer Chronik von der Insel Lombok in Indonesien in Verbindung gebracht. Lombok beherbergt noch heute den aktiven Vulkan Rinjani. In der auf Palmblättern verfassten Chronik namens „Babad Lombok“ ist von einem katastrophalen Vulkanausbruch im Norden der Insel die Rede, von Zerstörungen großen Ausmaßes und von der Entstehung eines riesigen Sees, bei dem es sich vermutlich um den eingestürzten Krater handelte.
In der Chronik ist auch die Rede davon, dass Pamatan zerstört wurde. Das war die Hauptstadt eines alten Königreichs auf Lombok. Nun spekulieren die Forscher, dass es mit dieser Stadt so geschehen sein könnte wie mit wie Pompeji, dass nämlich im Moment des Untergangs quasi ein Standbild der Vergangenheit eingefroren wurde.
Auch Pompeji war nach seinem Untergang durch den Vesuvausbruch im Jahr 79 n. Chr. in Vergessenheit geraten. Mehr als anderthalb Jahrtausende lag es unter etwa 25 m Asche und Bimsstein verborgen, bis um 1740 nach Zufallsfunden professionelle Ausgrabungen begannen.
Allerdings: Manchmal zerstören Vulkanausbrüche einfach nur alles um sich herum, so die Wissenschaftler. Im Fall des Mount Saint Helens 1980 zum Beispiel wurde die Umgebung schlichtweg in Asche verwandelt.
Die Forschungsergebnisse wurden in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht (abstract).
National Geographic hat einen Bericht dazu gebracht, ebenso die BBC (1, 2).
(08.10.2013)