Völkerschlachtdenkmal in Leipzig: monumentale Figuren aus Naturstein

12 je 12 Meter hohe Wächterfiguren krönen das Denkmal.

(Oktober 2013) Alles ist massig und martialisch am Völkerschlachtdenkmal, dies auch nach der Sanierung, seit der es nicht mehr wie ein finsterer Koloss über Leipzig in den Himmel ragt. Martialisch aber war es ehemals auch gemeint, als es am 18. Oktober 1913, ein Jahrhundert nach der großen Schlacht gegen Napoleon, eingeweiht wurde.

Militarismus und Nationalismus bestimmten damals das Denken, und so gibt es oben am Denkmal ein Dutzend je 12 m große Wächterfiguren, die finster aus ihren Rüstungen heraus Ausschau halten nach möglichen Angreifern Deutschlands, unten einen gewaltigen Erzengel Michael mit dem Flammenschwert als Schutzpatron der Soldaten, und schließlich innen in der Krypta 16 wachende Ritter vor 6 m hohen Totenmasken, darüber 4 monumentale Figuren, die die deutschen Tugenden verkörpern, und ganz oben in der Kuppel 314 mannshohe Reiter, die glorreiche Kämpfer symbolisieren, die aus der Schlacht heimkehren.

Der Erzengel Michael am Fuß des Denkmals. Umgeben ist die Figur von Reliefs von Kampfszenen.

Alle diese Figuren (bis auf die Reiter in der Kuppel) sind aus massivem Naturstein gefertigt, und auch das ganze Gebäude wirkt so.

In der Krypta, dem symbolischen Grab der Gefallenen, wachen 16 Ritter. Hinter ihnen 6 Meter hohe Totenmasken.

Ist es aber nicht. Es nach als doppelschalige Wand konstruiert: außen gibt es den Naturstein mit gewaltigen Quadern von bis zu 18 t Gewicht, innen hatte es für den Bau eine Verschalung, und dazwischen wurde Stampfbeton eingefüllt.

Genau der wurde zum Problem, denn er war nur unzureichend verdichtet worden (um nur einen der Schwachpunkte zu nennen). Weil auch die Außenfugen zwischen den Steinblöcken nicht lange dicht waren, drang Wasser in Massen in die Betonwand.

Und weil für den Unterhalt der riesigen Baumasse mit 120.000 Kubikmetern (davon etwas mehr als ein Zehntel Naturstein) nicht von Anfang an eine Bauhütte vorgesehen war, gab es alsbald Undichtigkeiten an Fenstern und Türen, was im Inneren eine „Tropfsteinhöhle“ entstehen ließ, wie es in dem lesenswerten Buch „Eine monumentale Aufgabe“ über die Sanierung heißt: die warme Luft von draußen kühlte sich im Inneren ab, so dass sich ihre Feuchtigkeit als Tau an den Wänden niederschlug.

Über der Krypta repräsentieren 4 Figuren deutsche Tugenden.

Die Behebung der Schäden, die im Jahr 2003 begann und deren Kosten auf 30 Millionen € veranschlagt waren, gelang in einem beispiellosen Kraftakt. Um Erfahrungen für ähnliche Bauwerke zu sammeln, wurde sie mit wissenschaftlicher Gründlichkeit begonnen und mit penibler Genauigkeit ausgeführt. Nur eine Zahl: rund 60 km Fugen waren erst zu säubern und dann neu abzudichten.

Dabei machten die Schäden am Stein den Restauratoren die geringsten Schwierigkeiten. Der Granitporphyr, der aus Brüchen in der nahen Ortschaft Beucha stammt, war durch Verwitterung nur wenig abgeplatzt. Auch die Schäden durch Beschuss aus dem 2. Weltkrieg hielten sich angesichts der dicken Mauern im Rahmen.

Der schwarze Schmutzfilm verbunden mit Bewuchs durch Algen, Flechten und Moose wurde entfernt und dem Stein seine helle Farbe wiedergegeben. Insgesamt ging es um 31.000 Quadratmeter Natursteinoberfläche.

Das Völkerschlachtdenkmal nach der Sanierung. Foto: Leipzig Travel / Andreas Schmidt

Was die Qualität der Arbeiten der Steinmetze von vor 100 Jahren angeht, sind die Experten von heute voll des Lobes. So heißt es in dem erwähnten Buch: „Vom Steinmetz verlangt der Beuchaer Granitporphyr aufgrund seiner Härte und mechanischen Eigenschaften besondere Erfahrungen. Die am Denkmal tätigen Steinmetze waren exzellente Könner ihres Handwerks“. Es wird darauf hingewiesen, dass die Fugen seitens der Steinmetze perfekt gearbeitet und die Steinquader exakt versetzt waren.

Erwähnen wollen wir noch das beispiellose Bürgerengagement für die Sanierung, und gleich dazusagen, dass der Förderverein auch bei lustigen Ideen mitspielte: so wurden nicht nur Stifterbriefe über Summen von 2013 und 1913 € verkauft beziehungsweise Münzen geprägt. Ein „Völkerbrot“ diente die Bäckerinnung unter anderem auf der Leipziger Buchmesse den Gästen an, es gab einen „Völkerkalender“ oder das Zuckerzeug „Napoleoni“, um nur einige der Aktionen zu nennen.

Ein Blick 200 Jahre zurück: das Aufeinandertreffen der Truppen von Preußen, Österreich, Russland und Schweden mit der Armee Napoleons und unter anderem den Sachsen als Verbündeten der Franzosen nahm das Grauen der Weltkriege 100 Jahre später vorweg: etwa eine halbe Million Menschen nahmen daran teil, 110.000 von ihnen starben und mit ihnen blieben Massen an Pferden auf dem Schlachtfeld zurück.

Die Zustände während und nach der Schlacht kann man sich nicht ausmalen. Bertha von Suttner gibt in ihrem Buch „Die Waffen nieder!“ eine Vorstellung von solchen Waffengängen: das Elend der Verwundeten muss grauenhaft gewesen sein, denn einen effektiven Sanitätsdienst gab es noch nicht und das Rote Kreuz wurde erst 1863 gegründet.

Förderverein Völkerschlachtdenkmal e.V.

Stadtgeschichtliches Museum Leipzig

„Eine monumentale Aufgabe. Die Sanierung des Völkerschlachtdenkmals Leipzig“ (herausgegeben von Michael Jaenisch und Rüdiger Burkhardt, Tauchaer Verlag, 12,80 €, ISBN 978-3-89772-224-8)

„Beucha – Dorf der Steine“ (Lothar Eißmann, u.A., Sax Verlag, 2012, 160 Seiten, 224 einfarbige Abbildungen, 33 farbige Abbildungen, gebunden, 19,80 €, ISBN 978-3-86729-115-6)

„Die Waffen nieder!“, Bertha von Suttner.

Im ehemaligen Gasometer (rechts) zeigt der Künstler Yagedar Asisi die Stadt Leipzig nach der Schlacht als 360-Grad-Panorama.

(17.10.2013)