Valle del Chiampo: ein Marmordenkmal für die Seidenspinner um 1900

Einen Kreisverkehr nimmt kaum jemand bewusst wahr. Aber in der italienischen Kleinstadt Chiampo am Südrand der Alpen gibt es einen, der Erwähnung verdient: der Platz in der Mitte, um den der Autoverkehr kurvt, trägt ein Denkmal in Marmor, das man nicht übersehen kann.

Es erinnert an die alte Seidenspinnerei dort, italienisch: „Filanda”, mit der das Dorf im Chiampotal ins Industriezeitalter einzog. Das Wasser des Flusses lieferte die Energie für die Spinnmaschinen, die umgebenden Bergwälder den Brennstoff für das heiße Wasser, das für das Vorbereiten der Rohseide gebraucht wird.

Die Arbeiter lebten in einfachen Häusern rund um die Fabrik, die als markanten Punkt einen hohen Schornstein hatte.

Ähnlich hat der Designer Raffaello Galiotto, selber von dort stammend, das Denkmal für die Seidenspinner und die Fabrik entworfen: Es sind schmale Häuschen, die sich um den Mast der Straßenbeleuchtung drängeln. Man spürt förmlich den Zusammenhalt der Menschen, der aus ihren armseligen Lebensumständen entstand, und gleichzeitig ihre Abhängigkeit von der Fabrik.

Denkmal für die Seidenspinner in Chiampo. Foto: Raffaello Galiotto

Allerdings sind die Häuschen nicht wie in der historischen Siedlung klein und niedrig. Vielmehr recken sie sich in die Höhe – das mag man symbolisch als Streben nach besseren Lebensumständen und nach sozialem Aufstieg verstehen, das die Arbeiterschaft immer prägte.

Gefertigt wurde das Arrangement aus dem heimischen Marmor Chiampo Grolla. Der steht für einen wichtigen Wirtschaftszweig in dem Tal von heute. Neben der Lederbranche gibt es dort zahlreiche Natursteinbetriebe, deren Kennzeichen ist, dass sie nicht nur das Material gewinnen und als Blöcke verkaufen, sondern daraus vielfältige Endprodukte herstellen.

Überraschend aber an dem Denkmal ist, zumindest auf den ersten Blick, dass der Designer genau jene Häuschen weitergedacht hat, die er für sein Projekt „Pet’s Village” (Dorf für das Haustier) entwickelt hatte. Wir haben ihn gefragt, ob mit den Vogelhäuschen nicht die Ernsthaftigkeit des Denkmals in Frage gestellt werde. Galiotto lachte nur und entgegnete: „Es wäre doch wunderbar, wenn wirklich einmal Vögel das Denkmal beziehen würden.“

Eingeweiht wurde es im Rahmen der Marmorwochen mit dem schönen Titel WhatsAppenin’, die das Consorzio Marmisti Chiampo, der Zusammenschluss von dortigen Natursteinfirmen, im letzten Jahr veranstaltete.

In den Presseunterlagen wird besonders auf die Beteiligung der Firma Faba hingewiesen, die etliche Blöcke des Marmors Chiampo Grolla zur Verfügung stellte. Gebrochen wird der Stein im Tal in einem Bruch der Familie Faedo. Das Unternehmen Vicenza Marmi spielte die führende Rolle bei der Bearbeitung des Materials.

Unterstützung kam außerdem von (in alphabetischer Reihenfolge): Athena, Bevilacqua Marmi, Decormarmi, Industria Marmi Ferrari, La Perla, Marmi Serafini, Pellizzari Marmi e Graniti und Vicentina Marmi.

Consozio Marmisti Chiampo (CMC)

Raffaello Galiotto Industrial Design

WhatsAppenin’ (italienisch)

Fotos: Consozio Marmisti Chiampo (CMC)

See also:

 

 

 

 

(21.06.2014)