Marketing: Skulpturen als Werbebotschaften

Download des Textes als pdf

(Dezember 2008) Schon auf den ersten Blick bietet solch eine Veranstaltung vielfältige Möglichkeiten: man kann das Material, um das es geht, in unserem Fall: die lokalen Natursteine, mit dem positiven Image der Kunst statt mit Umweltzerstörung verknüpfen, und: die Kunstwerke, die entstehen, können vor Ort aufgestellt bleiben und so für einen PR-Effekt über das Ereignis hinaus sorgen.

Die Rede ist von Bildhauersymposien. Kaum eine Gartenausschau, eine Weltausstellung oder eine Ausgabe der Olympischen Spiele, die nicht auch Künstler für sich hämmern ließe – jedoch nur in wenigen Ländern nutzt die Steinbranche dieses Potenzial wirklich für die eigene Öffentlichkeitsarbeit. Vor allem Frankreich und Italien sind hier Ausnahmen. Dort wird den Sommer über auf vielen Stadtplätzen gehämmert und nebenbei das Wissen über die heimischen Steine den potenziellen Verbrauchern nahe gebracht.

Im Jahr 2009 gibt es ein rundes Jubiläum, und deshalb greift BusinessStone.com das Thema auf. Vor 50 Jahren nämlich, im Sommer 1959, fand in Österreich das allererste Bildhauersymposium statt. Um es gleich zu sagen: Wer sich jetzt noch an das Jubiläum anhängen will, ist zu spät dran. Denn für die Vorbereitung braucht es etwa anderthalb Jahre, wie erfahrene Veranstalter sagen.

Damals im Römersteinbruch in St. Margarethen im Burgenland ging das Ganze noch recht beschaulich vor sich. Initiator war der Bildhauer Karl Prantl, und was ihn antrieb, war unter anderem, die Bildhauer einmal an dem Ort arbeiten zu lassen, von dem ihr Material kam.

Das Ereignis bekam sehr schnell eine Eigendynamik. Die Künstler profitierten sehr vom Arbeiten in Sichtweite voneinander und auch miteinander, denn einer musste beim anderen anpacken. Fasziniert waren sie vom Arbeiten im Sonnenlicht, das den Stein ganz anders zeigt als die Beleuchtung im Atelier.

Und schnell hatte auch die Dorföffentlichkeit und die weitere Umgebung das Ereignis im Römersteinbruch entdeckt. Die Besucher schätzten die faszinierende Beobachtung, wie sich ein Werk aus dem Fels herausschält, und begeisterten sich nicht zuletzt für die Gespräche mit den Künstlern.

Spätere Symposien verließen die Brüche, gingen in die Landschaft und wurden so Vorläufer der Land-Art. Erwähnenswert ist hier ein Symposium aus den 90-ern in Norwegen, bei dem ein Künstler eine Felswand polierte, die weit über das Land leuchtete. Andere gestalteten Halden von Steinabfall um oder stellten Rohblöcke mit hervorgehobenen Bohrrillen auf.

Von den 60-er Jahren an zogen die Symposien in die Innenstädte, wo aus ihnen richtige Spektakel wurden. Das wiederum gefiel manchen Künstlern nicht, die sich über die permanente Belagerung durch die Gäste beschwerten. Eine Erfahrung dürfte auf alle Symposien gelten: „Der erste Tag ist oft ein Chaos – die Künstler kommen, kriegen Zustände und beruhigen sich wieder“, schreibt nüchtern ein erfahrener Teilnehmer in der Zeitschrift Sculpture Magazine.

In den 70-ern und 80-ern gab es einen regelrechten Boom mit Veranstaltungen auf allen Kontinenten. Auf den meisten Kontinenten fanden jährliche Symposien statt, von denen einige zu festen Institutionen geworden sind.

Im Moment besteht wieder günstige Gelegenheit, an die alte Tradition anzuknüpfen. Diesmal aber, indem die Steinproduzenten und –händler vor Ort sich und ihre Materialien in den Mittelpunkt stellen. Gerade für Länder mit einem heimischen Bauboom, wie China oder Brasilien und die osteuropäischen Staaten, bietet sich eine einmalige Gelegenheit, etwas für die heimischen Steine zu tun.

Planer sollten jedoch verschiedene Aspekte bedenken. Grundsätzlich gilt: Erfolgreich ist ein Symposium nur dann, wenn es professionell vorbereitet wird. Das umfasst eine detaillierte Vorbereitung von der Auswahl der Künstler über Einladung und Unterbringung bis hin zu Medienarbeit und eventuell einer Dokumentation in Form eines Katalog oder Videos, die ins Netz gestellt werden.

Dafür braucht es Zeit und auch Geld. Wie gesagt: von anderthalb Jahren Vorbereitung sollte ein Veranstalter ausgehen, wobei die letzten drei bis vier Monate ein Vollzeitjob für mindestens eine Person sind.

Wie findet man Künstler? Veranstalter berichten, dass sie über lange Jahre Ausstellungen besucht und sich in der Szene umgeschaut haben. Im Netz gibt es Zusammenstellungen von Adressen (siehe unten).

Die eigentliche Entscheidung über die Teilnehmer bedarf eines besonderen Aufwands: notwendig ist, dass der Veranstalter oder ein Vertreter persönlich die Kandidaten besucht. „Die Chemie zwischen den beiden muss stimmen“, berichtet ein Insider, „sonst kann während des Symposiums viel schief gehen.“

Unerlässlich sind Verträge mit detaillierten Aussagen zu Rechten und Pflichten beider Seiten. Unverbindliche Absprachen zum Beispiel zur Unterbringung führen immer zu Streit – wobei hier anzumerken ist, dass auch Kunst Arbeit ist, dass erfolgreiche Künstler um ihren Wert wissen, und dass Künstler Ansprüche wie andere Erwachsene haben. Es gilt: Es ist der kulturelle Aspekt, der bei dem Ereignis im Vordergrund stehen muss – insofern sollte sich der Veranstalter mit seinen Vorstellungen zurückhalten.

Genauso gilt, dass der Künstler eine Bezahlung erhält. Üblich ist eine Kostenpauschale, gestaffelt nach Anreiseweg. Ob ein Honorar gezahlt wird, ist Verhandlungssache. Gerne versuchen Veranstalter das Honorar zu umgehen, indem die Künstler eigene Werke ausstellen und verkaufen dürfen.

Im Sculpture Magazine finden sich lange Erfahrungsberichte: von einem Ort in Italien heißt es, dass dort dem Künstler nur der Steinblock, der Arbeitsplatz und ein Mittagessen zur Verfügung gestellt werde; manche Symposien in China wurden gelobt für „ihr reichliches und schmackhaftes Essen und die Gelegenheit, mit Hilfskräften zu arbeiten“; eine vierwöchige Veranstaltung in Frankreich zahlt den Künstlern 2500 € für die Teilnahme, stellt Unterbringung und Verpflegung und gibt noch dazu „drei Flaschen lokalen Weins, eine Stadtmedaille und zwei oder drei andere Dinge“ obendrauf; von einer vierwöchigen Veranstaltung in Taiwan wird berichtet, dass der Veranstalter die „Flugkosten, 1. Klasse-Unterbringung und 7000 $ Honorar“ übernahm. Dafür ging das Kunstwerk in seinen Besitz über.

Eine gewisse Offenheit sollte der Veranstalter dem Verlauf des Ereignisses einräumen. In diesem Sinne kann man nur davon abraten, dass jemand die Künstler an die Leine nehmen will, etwa durch ein vorgegebenes Motto der zu schaffenden Skulpturen. Ein erfahrener Teilnehmer merkt dazu hinter vorgehaltener Hand und leicht amüsiert an, dass erfahrene Künstler sich ohnehin nicht in die Arbeit reinreden lassen würden.

Was aber die Künstler immer wieder auf die Palme bringt, ist, wenn der Veranstalter Modelle der geplanten Arbeiten sehen will, jedoch nicht bereit ist, dafür eine Aufwandsentschädigung zu zahlen. Zu empfehlen ist daher, dass der Veranstalter sich mit Entwurfszeichnungen beziehungsweise Fotos vorheriger Werke zufrieden gibt.

Senken kann der Veranstalter seine Kosten, indem er Sponsoren gewinnt. Das kann die lokale Tourismusbehörde sein, oder etwa ein Hersteller, der einschlägige Werkzeuge zur Verfügung stellt. Hat der lokale Steinbruch das Material bereitgestellt, bekommt er, wenn ein Kunstwerk verkauft wird, den Materialanteil zurück. Restaurants können die Verpflegung übernehmen.

Das allererste Symposium in St. Margarethen hatte als Sponsor einen Elektrokonzern, der dafür ein Kunstwerk bekam. In der Vorbereitungszeit erzielten die Veranstalter ein wenig Ertrag mit 1000 kleinen Steinwürfeln, die damals für 30 Schilling pro Stück verkauft wurden.

Zweitrangig ist die Frage, ob das Symposium als Künstler-Wettbewerb laufen sollte. Letztendlich ist hier die zentrale Frage, ob der Veranstalter genug Geld hat, um wirklich nennenswerte Preise zu vergeben.

Mancherorts kommen die Symposiumsteilnehmer für ein paar Wochen zusammen. Woanders läuft die Veranstaltung über mehrere Monate und jeder Künstler kommt dann und so lange, wie es ihm passt.

Mitunter ranken sich um ein Symposium bunte Geschichten, die noch lange erzählt werden. So geschehen 1961/2 in Berlin, als nach dem Bau der Berliner Mauer sich europäische Bildhauer zusammenfanden, um vor dem Reichstag auf der Westberliner-Seite mit Skulpturen „Wider die Tyrannei“, so das Motto, zu protestieren.

Die USA im Westteil der Stadt unterstützen die Aktion, klar doch, und ließen ihre Army mit schweren Tiefladern und Kränen die Rohblöcke durch die Stadt schaffen. Als es vor dem Reichstag dann ans Hämmern ging, legten sie nachts den Ort in taghelles Licht, klar auch. Ein Beobachter berichtete über die Aufregung: „An der Grenze zwischen Ost und West auf einmal große Kräne, Raupen, Motorenkrach und Scheinwerfer!“ Eine Weile war es nur so, dass die sowjetischen Truppen misstrauisch von jenseits der Mauer das Geschehen beäugten.

Schließlich kamen sie mit drei Lastwagen herüber und schauten nach, was sich da abspielte. „Das war schon dramatisch“, so der Beobachter über diese unerwartete Begleiterscheinung eines Symposiums an heißem Ort im Kalten Krieg.

Symposien (Auswahl):

Stanstead, Kanada

Southern Downs, Australien

Sprimont, Belgien

Sur En, Schweiz

Junas, Frankreich

Freiburg i. Br., Deutschland

Bildhauerlisten:

http://www.sculpture-network.org/

http://www.sculpture.org

http://www.aiesm.com/

http://aboutstone.org/

http://www.zuzuku.de/