Kühle Sommer haben in den vergangenen 2500 Jahren für den Lauf der Dinge eine wichtige Rolle gespielt. Dass sie von Ausbrüchen großer Vulkane verursacht beziehungsweise verstärkt wurden, konnte bisher nicht präzise belegt werden. Dies gelang nun einer Gruppe von Wissenschaftlern, zu der auch Ulf Büntgen von der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL gehört, wie die Zeitschrift „Nature“ berichtet.
Laut der Studie verursachten tropische Vulkane und große Eruptionen in den oberen Breiten der nördlichen Hemisphäre (etwa auf der Höhe von Island und Nordamerika) häufig schwere und weit verbreitete sommerliche Abkühlungen – beispielsweise in den Jahren 536, 626 und 939 unserer Zeitrechnung. Der Ausstoß von Sulfat und Asche in die hohe Atmosphäre der nördlichen Halbkugel verdunkelte die Atmosphäre über Europa in einem derartigen Ausmaß, dass der Effekt von zahlreichen historischen Augenzeugen bemerkt und in voneinander unabhängigen Archiven aufgezeichnet wurde.
Diese Erkenntnisse bringen auch Licht in eine seit Langem geführte Debatte über die Ursachen einer der schwerwiegendsten Klimakrisen der jüngsten Menschheitsgeschichte: Ab März 536 wurde im Mittelmeerraum 18 Monate lang eine „rätselhafte Wolke“ beobachtet. Sie war das Produkt einer großen Eruption in den oberen Breiten der nördlichen Hemisphäre. Der anfängliche kühlende Effekt wurde verstärkt, als nur vier Jahre später in den Tropen ein zweiter Vulkan ausbrach.
In der Zeit danach wurden auf der gesamten nördlichen Halbkugel außergewöhnlich kalte Sommer beobachtet. Der Temperaturschock hielt mehrere Jahre an und zog Ernteausfälle und Hungersnöte nach sich, was wahrscheinlich zum Ausbruch der Justinianischen Pest beitrug, die sich von 541 bis 543 n. Chr. über das ganze Byzantinische Reich ausbreitete und letztendlich die menschliche Bevölkerung in Eurasien dezimierte.
Bisher hatte es keine verlässliche Methode gegeben, diese Vorgänge zeitlich präzise miteinander in Verbindung zu setzen. Ein internationales Konsortium aus Wissenschaftlern hat nun den mit Eruptionen verbundenen Strahlungseinfluss von fast 300 Vulkanausbrüchen seit der frühen Römerzeit analysiert. Veröffentlicht wurde die Studie von Forschern des Desert Research Institute (DRI), der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, des Oeschger-Zentrums der Universität Bern (OCCR) und weiterer Institutionen in der Fachzeitschrift Nature.
Die Analyse von Eisbohrkernen aus Grönland und der Antarktis auf vulkanisches Sulfat lieferte eine Entwicklung des atmosphärischen Sulfatgehalts von Jahr zu Jahr. Doch erst der Vergleich der Ergebnisse mit absolut datierten Baumringen in jährlicher Auflösung ermöglichte es den Forschern, ein recht präzises Bild der Klimaentwicklung zu zeichnen.
Quelle: Pressemitteilung
(21.07.2015)