Leitlinie für die Natursteinbranche: immer an das Made FOR China denken!

China wickelte 2014 mehr als ein Drittel des weltweiten Imports und Exports an Naturstein ab.

An einer Stelle bei der Lektüre haben wir uns regelrecht erschrocken: „Bevor eine Firma eine Investition tätigt, etwa einen neuen Steinbruch erschließt oder Maschinen für die Verarbeitung anschafft, sollte sie sich (neben anderen Aspekten) auch die Frage stellen: Gibt es in China eine Nachfrage für mein Material oder für mein Produkt?“ Das steht so im „Stone Sector 2015“ der IMM Carrara, der jährlich die aktuellen Daten der Branche analysiert und Abschätzungen über zukünftige Entwicklungen gibt.

Dabei weist Manuela Gussoni, Autorin des 100-Seiten-pdfs auf italienisch und englisch, eigentlich nur auf etwas Altbekanntes hin: China ist der größte Importeur und Exporteur von Naturstein. Zwar hat es noch lange nicht die Kaufkraft des anderen Konsumriesen weltweit, der USA (mit 317 Millionen Einwohnern, laut Wikipedia). Aber auch unter den 1,367 Milliarden Chinesen der Volksrepublik wird die Schicht der Konsumenten mit gefülltem Geldbeutel immer größer.

Besonders interessant an der Auswertung der Daten ist, dass die Autorin nicht die Rangfolge der Produzentenländer in den Vordergrund stellt. Bekanntlich wäre hier die Reihenfolge: China (30,4% der Weltproduktion 2013) Indien (15,0%), Türkei (9,2%), Brasilien (6,9%), Italien (5,4%) und Iran (5,0%), so die Zahlen aus einem anderen Statistik-Standardwerk, dem „Report Marble and Stones in the World“ von Dr. Carlo Montani in seiner XXV. Ausgabe.

Manuela Gussoni hingegen analysiert den Handel der Länder, rechnet also Import und Export nach Wert zusammen und erstellt daraus ihre Liste.

Stone Sector 2015.

Auch hier liegt China mit Abstand an 1. Stelle: 36% des Welthandels an Natursteinprodukten wickelte es im Jahr 2014 ab. Der Gesamtwert dieser Waren belief sich auf 6,8 Milliarden Euro. Gegenüber 2013 erzielte China hier ein Wachstum um 4,6%.

Überraschend aber ist, dass bei dieser Betrachtungsweise Italien und die Türkei nahezu gleichauf auf die Plätze zwei und drei kommen (allerdings mit gehörigem Abstand zu China).

Italien nimmt in der Rangfolge eine Sonderstellung ein. Es ist nämlich, während China zum Riesen wurde und zahlreiche neue Produzentenländer auf den Markt kamen, erfolgreich auf den Markt für Luxuswaren aus Naturstein auswichen. Das Material dieser Exporte ist vor allem Marmor, bei dem das reine Material durch Technologie und Design einen zusätzlichen Wert bekam.

Der Verkaufswert pro Tonne, den italienische Lieferanten mit ihren Marmor-Endprodukten erreichten, unterstreicht das: er stieg von 751 Euro im Jahr 2009 auf 1.049 Euro im Jahr 2014.

Bemerkenswert bei der Türkei auf dem 3. Platz der Rangfolge ist, dass sie den aktuellen Nachfragerückgang nach Rohblöcken seitens chinesischer Importeure durch Exportsteigerungen in die USA wettgemacht hat. Beachtlich: +7,8% an Marmorprodukten konnte die Türkei nach Nordamerika verkaufen, mehr noch: fast ausschließlich handelte es sich um Endprodukte.

Trend zu nachhaltiger Produktion

Generell erwartet die Autorin für die kommenden Jahre einen Trend zu mehr nachhaltiger Produktion. „Um im Wettbewerb mitzuhalten, wird es für Firmen der Steinindustrie immer wichtiger, die Umweltbelange mit Innovationen anzugehen, Shared Value zu kreieren und Strategien der Corporate Social Responsibility zu aktivieren.“ Gemeint sind damit Konzepte, die ein Wirtschaften ohne Schäden an Gesellschaft und Natur als Ziel haben.

In China erwartet Manuela Gussoni zudem mehr Nachfrage nach Steinmaterial mit besserer Qualität. „Das könnte dazu führen, dass sich in den Brüchen große Mengen an unverkauftem Material ansammeln“, spekuliert sie. Hintergrund ist, dass bisher Importeure aus China häufig die komplette Produktion mancher Brüche aufkauften: die Ware mit 1-A-Qualität wurde in reiche Länder exportiert, das schlechtere Material wurde in China oder in anderen Ländern verkauft.

Stone Sector 2015.

Insgesamt setzte laut „Stone Report 2015“ der weltweite Handel mit Naturstein im Jahr 2014 rund 22,8 Milliarden Euro um. Das waren 1,8% mehr als im Vorjahr. In Tonnen ausgedrückt waren es 86 Millionen mit einer Steigerung um 7,4%.

„Stone Sector 2015. Annual Report and Prospects for the International Stone Trade“/„Stone Sector 2015. Bilancio e prospettive del commercio internazionale dei prodotti lapidei“ enthält zahlreiche weitere Analysen und Tabellen.

Stone Sector 2015.

Der kostenlose Download ist nach vorheriger Registrierung von einer Webpage der IMM Carrara möglich.

Manuela Gussoni. Foto: IMM Carrara

(13.09.2015)