Gebraucht wird ein gesetzlicher Rahmen für die Zertifizierung der Natursteinproduktion in Asien

Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sind Themen, die auch in Asien wichtig werden müssen.

Bei einem Treffen in Berlin waren sich die Teilnehmer einig, dass Verbesserungen vor Ort nur ohne Aufregung hierzulande erreicht werden können

Drei Wege zeichnen sich ab, um die Arbeitsbedingungen in der Natursteinbranche in Ländern wie Indien, China oder Vietnam voranzubringen: erstens das Thema Kinderarbeit beiseite zu legen, zweitens stattdessen Sicherheitsstandards und Gesundheit am Arbeitsplatz in den Fokus zu nehmen und drittens hierzulande einen gesetzlichen Rahmen für entsprechende Zertifikate zu erlassen.

Das zeichnete sich als Ergebnis eines Gesprächs ab, zu dem Win=Win und der Deutsche Naturwerkstein-Verband DNV einzelne Mitglieder, externe Experten, einen Vertreter des Steinmetzverbands BIV und Pressevertreter geladen hatten.

Bemerkenswert war nach langen Jahren der Aufregung um emotional aufgeheizte Schlagzeilen wie „Kinderblut an Grabsteinen“, wie sehr sich alle Teilnehmer an dem Treffen in Berlin am Sitz des Bundesverbands Baustoffe, Steine und Erden darum bemühten, das Thema voranzubringen.

Für Reiner Krug vom DNV zum Beispiel hätte sich die Gelegenheit geboten, kräftig auf die Billiglieferanten aus Asien draufzuhauen und als Lösung des Problems dem Verbraucher hierzulande die heimischen Steine anzudienen. Statt dessen fand sich dieses Argument in seiner Presseinformation nur am Rande. Vielmehr hob Krug darauf ab, dass das Abstellen mancher Misstände in Asien wichtig für das Image der Branche auch in Europa ist, dass sich das aber nur in einem Miteinander erreichen lässt.

Dass die Debatte in diese Richtung ging, ist erstens der Stand der Dinge und wurde zweitens vorgegeben durch die einleitenden Worte von Dr. Heinecke [Vorname] Werner, Gründer und Geschäftsführer der Win=Win GmbH, die das Fair Stone Zertifikat entwickelt hat. Walter Riester, ehemals Bundesarbeitsminister und Mitglied bei Fair Stone, unterstützte Werners Plädoyer für einen sozusagen sanften Umgang mit den Produzenten in Fernost: „Wir können nicht davon ausgehen, das unsere Werte zu Standards für die ganze Welt werden“. Er warnte vor dem Versuch, unter der äußeren Schale der Gutmenschen den anderen hiesige Standards „überstülpen zu wollen“. Es gehe darum, einen Prozess anzuschieben, nicht Pflöcke einzuschlagen.

Einig war sich die Runde, dass viel durch den Fokus des Themas auf Kinderabeit kaputtgemacht worden sei. Als Reaktion darauf hätten sich die Verbände in Indien ganz aus der Debatte zurückgezogen, so Werner auf Nachfrage.

Umgekehrt beklagte Arne Schenke, Steinmetzmeister und Vertreter der Berliner Innung, dass Steinmetze in Deutschland mit den von manchen Städten geforderten Positivbeweisen überfordert wären. Er bezog sich auf Friedhofsordnungen, nach denen ein Steinmetz nachzuweisen hat, dass an einem von ihm verkauften Grabmal keine Kinder gearbeitet haben.

Fair Stone-Mitglied Peter Jakob berichtete in diesem Zusammenhang von ganzen Dorfgemeinschaften in Indien, die sich ein Zubrot verdienten, indem sie aus liegengebliebenem Material aus aufgelassenen Steinbrüchen in Handarbeit Schotter herstellten. Das gebe es, räumte er freiweg ein, betonte jedoch gleichzeitig, dass sich das fern der Produktion von Grabmalen abspiele. Solcher Schotter werde nur vor Ort verkauft und verbraucht.

Die Gesprächsrunde in Berlin am Sitz des Bundesverbands Baustoffe, Steine und Erden.

Wie kann künftig das Thema ohne öffentliche Aufregung wirkungsvoller vorankommen? Frank Dickmann vom Berliner Steinkontor Besco und Fair Stone-Partner rief nach dem Gesetzgeber: „Die Politik sollte vorgeben, welche Bedingungen wir an den Produktionsstätten vorfinden wollen, wie wir sie überprüfen können und wer sie überpüfen soll.“

Win=Win-Initiator Werner hatte dafür ein Vorbild parat: „Der Gesetzgeber könnte wie im okölogischen Landbau die Rahmenbedingungen festlegen.“

Insofern gab es in der Berliner Runde nur Zustimmung zu der Ankündigung der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen, eine zentrale Stelle für die Akkreditierung von Natursteinsiegeln einzurichten. Reiner Krug vom DNV hatte zuvor eindringlich vor einem Wildwuchs an Zertifikaten gewarnt: „Wenn jeder sich sein eigenes Siegel macht, kann man das Ganze vergessen.“

Übrigens: eine regelmäßige Überprüfung der Arbeitsbedingungen, die für manche Produzenten im Ausland absolut unerträglich ist, ist hierzulande schon lange Alltag: ein Vertreter der Berufsgenossenschaft berichtete bei dem Treffen, dass seine Organisation regelmäßig die Arbeitssicherheit in den Betrieben unter die Lupe nimmt.

Win=Win Fair Stone

DNV

BIV

(10.02.2016)