Der Blick auf Anomalitäten in der Gravitation erlaubt Rückschlüsse auf die Bewegung der Kontinentalplatten oder Materialströme im Erdinneren
Könnte ein Astronaut Gravitationsfelder sehen, so erschiene ihm die Erde nicht rund, sondern verbeult wie eine Kartoffel. Der Grund: Die Massen in Ozeanen, Kontinenten und tief im Erdinneren sind ungleich verteilt. Die Gravitationskraft ist daher von Ort zu Ort unterschiedlich. Diese Variationen, die für das menschliche Auge unsichtbar sind, haben hochempfindliche Beschleunigungssensoren an Bord des ESA-Satelliten GOCE (Gravity field and steady-state Ocean Circulation Explorer) gemessen. Geodäten der Technischen Universität München (TUM) haben die Daten nun aufbereitet und lesbar gemacht.
Auf den neuen Karten des Schwerefelds erkennt man beispielsweise im Nordatlantik einen breiten roten Streifen, der erhöhte Gravitation symbolisiert. Dies deckt sich mit dem plattentektonischen Modell: Zwischen Grönland und Skandinavien steigt entlang des Mittelozeanischen Rückens dichtes und schweres Material aus dem Erdmantel auf, kühlt ab und bildet eine frische ozeanische Kruste.
Die Analyse der Erdkruste im Nordatlantik ist dabei nur der Anfang. Mit Hilfe der Daten wird man künftig den Aufbau der gesamten Erdkruste genauer untersuchen und sogar dynamische Bewegungen wie das Abschmelzen der polaren Eisschilde sichtbar machen können. Die Seismik war für solche Untersuchungen blind.
Veröffentlichung: „Satellite gravity gradient grids for geophysics“, Bouman et al., Scientific Reports, doi:10.1038/srep21050
(28.03.2016)