Forscher der Universität Bayreuth haben unter den Extrembedingungen des unteren Erdmantels neue Eisenoxide entdeckt, aus denen dieser Sauerstoff stammt
Im Erdinneren muss es riesige Mengen an Sauerstoff geben, der dort aufgrund des hohen Druck und der hohen Temperaturen in flüssiger Form vorkommt. Wie das an der Erdoberfläche äußerst reaktive Element dort in geochemischen Prozesse agiert, ist jedoch nicht bekannt.
Das Vorhandensein des Sauerstoffs in einer Tiefe von rund 1500 km ergibt sich aus Erkenntnissen eines Forscherteams der Universität Bayreuth. Die Forschergruppe um Dr. Elena Bykova hat in Experimenten am Deutschen Elektronen-Synchrotron Desy in Hamburg Eisenoxide extremen Bedingungen ausgesetzt. Dabei sind zuvor nie beobachtete Molekülformen entstanden, deren Bezeichnungen wie kleine Rechenaufgaben aussehen: Bei einem Druck von rund 70 Gigapascal – das entspricht einer Tiefe von 1670 Kilometern im Erdmantel – zerfällt das an der Erdkruste häufige Fe3O4 (Magnetit) und es bildet sich das Fe25O32. Von Letzterem wusste man bisher nicht, dass es überhaupt existiert.
Unter ein bisschen weniger krassen Bedingungen – 67 Gigapascal (das entspricht dem 670 000-fachen Atmosphärendruck) und einer Temperatur von rund 2400 Grad Celsius – entsteht Fe5O7. Es war ebenfalls bislang nie beobachtet worden und bildet sich aus dem altbekannten Hämatit (Fe₂O₃).
Kennzeichen all dieser Umwandlungen im Erdinneren ist, dass Sauerstoff frei wird. Folglich muss es in diesen Tiefen der Erdkugel, die insgesamt einen Durchmesser von 12.700 km hat, große Mengen an flüssigem Sauerstoff geben.
Die Vorgeschichte dieser Prozesse liegt in der Plattentektonik: Die Ausgangsstoffe Magnetit und Hämatit gelangen in den Erdmantel, wenn Kontinentalplatten untereinander abtauchen und in die Tiefe absinken. Subduktion nennt sich dieser Prozess, der über geologische Zeiträume von Jahrmillionen verläuft.
Magnetit und Hämatit sind Hauptbestandteile bestimmter urzeitlicher Eisenablagerungen, Bändererz und Eisenstein, die auf allen Kontinenten reichlich vorkommen. Diese Formationen können mehrere 100 m dick werden und Ausdehnungen von hunderten km aufweisen. Als zwei Milliarden Jahre alte Ablagerungen bilden sie weltweit einen Teil des Ozeanbodens.
Über die Subduktion kann das Erz in große Tiefen getragen werden, möglicherweise sogar bis zur Grenzregion von Erdmantel und Erdkern.
Structural complexity of simple Fe₂O₃ oxide at high pressures and temperatures; Elena Bykova et al.; „Nature Communications”, 2016; DOI: 10.1038/NCOMMS10661
Quelle: Desy
(05.06.2016)