Moses-Mendelssohn-Denkmal in Berlin: 12 Fenster, eine Tafel und eine Tür aus Granit im Bürgersteig

 „Haus der Hoffnung“ nannte Micha Ullmann seine Bodenskulptur.

Der israelische Künstler Micha Ullmann erinnert mit einer Bodenskulptur an den Vordenker der jüdischen Aufklärung

Aus 12 Fenstern, einer Eingangstür und einer Schrifttafel besteht das neue Moses-Mendelssohn-Denkmal in Berlins Mitte. Diese Einzelstücke sind aus 3 verschiedenen Sorten Granit gefertigt – das gewährleistet, dass sie die Schritte der vielen Passanten an der belebten Kreuzung Spandauer Straße/Karl-Liebknecht-Straße unbeschadet überstehen. Denn der israelische Künstler Micha Ullmann hat das Denkmal als Bodenskulptur gestaltet: Tür, Tafel und Fenster sind in die Freifläche vor der Marienkirche integriert.

Quasi ist die Fassade von Moses Mendelssohns Wohnhaus, das vor rund 250 Jahren an dieser Stelle stand und im 2. Weltkrieg zerstört wurde, auf dem Boden ausgeklappt. Wer will, kann gedanklich durch die Tür einen Schritt in die Tiefen der deutschen Geschichte machen, oder nach einem Regen anschauen, wie sich die heutigen Gebäude rundherum im Nass auf den Granitplatten abbilden.

Moses Mendelssohn war 1762 mit seiner Familie in das Haus eingezogen. Er war ein prominenter Vordenker der jüdischen Aufklärung und in der Berliner Bevölkerung unter dem Namen „Herr Moses“ bekannt. In der Nähe wohnten Zeitgenossen wie Gotthold Ephraim Lessing oder der Verleger Nicolai, und man traf sich im Haus des jüdischen Seidenfabrikanten zum Gedankenaustausch.

Dabei ist wohl die Idee zu Lessings Theaterstück „Nathan der Weise“ entstanden, hinter dessen Hauptfigur sich bekanntlich Moses Mendelssohn verbirgt. Kern des Werks ist die Ringparabel mit dem Appell zur Toleranz der Religionen.

Die Schrifttafel im Boden war ursprünglich nach dem Tod Mendelssohns 1786 an der Fassade des Hauses angebracht worden.

„Haus der Hoffnung“ nannte Micha Ullmann seine Bodenskulptur. Die Schrifttafel im Boden war ursprünglich nach dem Tod Mendelssohns 1786 an der Fassade des Hauses angebracht worden. Sie trägt die Inschrift: „In diesem Hause lebte und wirkte Unsterbliches Moses Mendelssohn Geb. in Dessau 1729, Gest. in Berlin 1786.“

Die bekannteste von Ullmanns Arbeiten in Berlin ist das Mahnmal der Nazi-Bücherverbrennung auf dem Bebelplatz nicht weit entfernt. Hier schaut man durch eine Glasplatte im Boden in einem unterirdischen weißen Raum mit leeren Bücherregalen an den Wänden. Dort ist Platz für die rund 20 000 Bände, die am 10. Mai 1933 an dieser Stelle in Flammen aufgingen.

Ullmanns Mahnmal zur Vertreibung befindet sich in der Matthäikirche neben der Philharmonie unweit vom Potsdamer Platz. Hier führen vom Boden des Gotteshauses aus 7 Treppenstufen in die Tiefe. Sie sind mit rotem Sand aus Israel belegt. Es ist, wie die anderen Werke, leicht zu übersehen.

Die Ausführung von Ullmanns Idee oblag auch beim Mendelssohn-Denkmal dem Architekt Gerhard Schlotter vom Büro BASD. Den Naturstein lieferte die Firma Hemm Stone.

BASD, Architekt Gerhard Schlotter

An der Kreuzung Kreuzung Spandauer Straße/Karl-Liebknecht-Straße in Berlin-Mitte befindet sich das Moses-Mendelssohn-Denkmal.

(12.07.2016)