Smart Stone im „Italian Stone Theatre“ auf der Marmomacc 2016

Raffaello Galiotto: „Agave“.Raffaello Galiotto: „The Power of Stone“.

In Halle 1 zeigten italienische Designer und Architekten, was man mit modernen Maschinen aus Marmor, Granit und Co machen kann

Großartig waren die Präsentationen in Halle 1 der aktuellen Marmomacc (28. September bis 01. Oktober 2016). Die Schau, die zum 2. Mal unter dem Titel „Italian Stone Theatre“ (etwa: Italienische Aufführungen von Naturstein) stattfand, zeigte im Zentrum der Halle Produktideen italienischer Designer aus den vergangenen 50 Jahren. Diese waren sozusagen die Wiege oder das Vorspiel zu den Arbeiten aus Design und Architektur der Gegenwart, die auf beiden Seiten präsentiert wurden.

Wobei man den ganz frühen der gezeigten Arbeiten besondere Hochachtung zollen muss, da vor 50 Jahren es weder Diamantseile oder Wasserstrahl noch CNC-Steuerung gab.

Wir wollen uns hier auf die neusten Arbeiten von Raffaello Galiotto beschränken, dargeboten unter dem Titel „The Power of Stone“ auf der Seite rechts vom Eingang. Der Industriedesigner aus dem Chiampo-Tal unweit von Verona lotete wieder einmal aus, was aktuell mit den modernen Technologien möglich ist.

Gewissermaßen wurde Smart Stone vorgeführt – Naturstein versehen mit einem Mehrwert durch außergewöhnliche Gestaltungsideen, diese wiederum möglich gemacht durch kluge Köpfe, die moderne Maschinen einzusetzen wissen.

Selbst unter diesen Umständen verschlang manches der Objekte mehrere Monate Arbeit für die Programmierung der Maschine und das Herantasten an das gewünschte Ergebnis.

Raffaello Galiotto: „Sol“. Foto rechts: Peter Becker

Zum Beispiel bei „Sol“ (Sonne). Dieser Strahlenkranz entsteht durch die trickreiche Führung eines Diamantseils durch einen runden Ausschnitt in der Mitte des Objekts. Nach dem Ende der Sägearbeiten wird das Loch dadurch verschlossen, dass der Ständer eingeführt wird, auf dem das Objekt ruht.

Dabei ist „Sol“ eine Komposition von nur 3 geometrischen Formen: dem Kreis im Zentrum und an den Flügeln einer Hyperbel als Oberseite und einer Parabel als Unterseite.

Raffaello Galiotto: „Isopode“.

„Isopode“ (Kellerasseln) war ein Beispiel, wie sich Galiotto von der Natur inspirieren lässt. Die Ringe des mächtigen Panzers sind aus einer einzigen Platte ausgeschnitten und danach hochgeklappt.

Raffaello Galiotto: „Isopode“. Foto: Peter Becker

Bei genauerer Betrachtung konnte man Unterschiede in der Dicke der Panzerringe erkennen – Galiotto wollte explizit die Unregelmäßigkeiten aus der Natur nachbilden.

Eine kleine Spielerei war die scheinbare Achse am Drehpunkt der Ringe, die vorgaukelte, das vermeintliche Tier könnte vielleicht seinen Panzer auf und zuklappen. In Wirklichkeit gibt es natürlich im Inneren des Objekts ein Gerüst, das die Einzelteile an Ort und Stelle hält.

Raffaello Galiotto: „Organic“.

Ebenso spektakulär war „Organic“. Auch bei diesem Objekt ging Galiotto an die Grenze des Machbaren. Im Gespräch meinte er zu seinen Erfahrungen mit solchen Projekten: „Ich lerne bei diesen Arbeiten jeden Tag etwas Neues.“

Raffaello Galiotto: „Corolla“.

Uns gefiel am besten „Corolla“ (Krone): Es erinnert an die Fensterrosetten über den Eingängen der alten Kathedralen. Früher war das die höchste Kunst der Steinmetze.

Mehr als 20 Firmen waren an den Objekten beteiligt, einige stellten den Stein bereit. Nachdem die Messegesellschaft sie eingeladen hatte, führte Galiotto viele Gespräche, zunächst um die Firmen für seine Ideen zu begeistern, dann auch, um die Experimente in der knappen Zeit neben der normalen Arbeit in den Werkstätten zu realisieren.

Raffaello Galiotto: „Thorn“.Raffaello Galiotto: „Zenit“.

Eine besondere Erwähnung verdient die Präsentation der Objekte: sie wurden von Steinplatten im Book-matching quasi umrahmt, was die Schönheit des Steins in den zwei Varianten ,Aus der Natur’ beziehungsweise ,Aus der Werkstatt’ doppelt wirken ließ.

Auch die anderen Präsentationen im Rahmen des „Italian Stone Theatre“ zeigten die Stärken des Made in Italy: großartiges Design in gelungener Inszenierung.

Erkennbar war das daran, dass in der Halle 1 eine beinahe weihevolle Atmosphäre herrschte, sofern die Beschallung mit Musik ausgeschaltet war – die Luft war aufgeladen mit Emotionen, die aus der Bewunderung für die präsentierten Arbeiten und dem Respekt vor der Schönheit des Materials resultierten.

Weitere Berichte von der Marmomacc folgen.

Raffaello Galiotto

Beteiligte Firmen
Adi tools, Antolini, Cave Gamba, Ddx, Donatoni Macchine, Euro Porfidi, Fratelli Lizzio, Gmm, Helios Automazioni, Henreaux, Intermac, La Quadrifoglio Marmi e Graniti, Licom Systems, Margraf, Marini Marmi, Marmi Strada, Marmo Zandobbio, Omag, Pellegrini Meccanica, Piero Zanella, Prussiani Engineering, Rete Travertino Piceno, T&D Robotics.

Fotos: Raffaello Galiotto

Raffaello Galiotto: „Spongia“.Raffaello Galiotto: „Caleido“.Raffaello Galiotto: „Torso“.

(15.10.2016)