Der Architekt Carl Fredrik Svenstedt nutzte den Stein zum Wärmeschutz und für eine Gestaltung nach Art der Landschaft
Großartig ist die Naturstein-Fassade, die der Pariser Architekt Carl Fredrik Svenstedt dem Neubau des Weinguts Les Domaines Ott in den französischen Seealpen gegeben hat: er hat Massivblöcke von 1 m x 1 m und 50 cm Dicke vor die Betonmauern des Gebäudes gesetzt. Mit einem Gewicht von je 1 t halten sie sich selbst an Ort und Stelle. Mehr dazu gnaz unten.
Nicht genug, dass er damit eine Alternative zu den üblichen vorgehängten dünnen Platten erfunden hat – er nutzt auch die Blöcke zur Gestaltung, gibt damit der eigentlich unscheinbaren Gebäudeform Bewegung und Leichtigkeit.
Nicht zuletzt: passend zum Wein, für dessen Gelingen der Boden ja eine zentrale Rolle spielt, scheint die Kellerei nun wie aus dem Untergrund gewachsen zu sein.
Aus einigem Abstand zu dem Gebäude könnte man meinen, da hätte jemand die üblichen Terrassen der Hänge als oberste Linie am Horizont fortgeführt. Der Architekt selbst benutzt in einem Bericht in der Zeitschrift Architectural Record (Oktober 2017) dafür den Begriff „künstlicher Horizont“ aus der Fliegerei, was sehr schön beschreibt, dass seine Gestaltung schon ein wenig abgehoben ist.
Aber die Marke Les Domaines Ott hält sehr viel auf sich, und sie gewann für die Planung des Neubaus das renommierte Büro Ducoin, das in der Branche auf vielfältige Art und Weise beratend tätig ist.
Rund 4200 m² beträgt die Gesamtfläche des Hauptgebäudes. Seine Form ist eine in die Länge gezogene Schachtel.
Deren eine Seite zur Landstraße ist allerdings leicht nach außen gerundet, damit man vom Auto aus nicht den Eindruck einer unendlichen Fabrikmauer hat.
Alle 4 Seiten der Schachtel sind 10 m hoch und mit Natursteinblöcken verkleidet.
Jedoch hat der Architekt liebevoll mit dem Kalkstein gespielt: im Zentrum überlappen sich die Blöcke, nach den beiden Enden hin haben sie größer werdende Abstände.
Das macht das Erscheinungsbild dynamisch, und hilft auch bei der Klimatisierung: hinter den geschlossenen Wänden liegen jene Bereiche der Kellerei, die konstante Temperaturen brauchen.
Ein Teil der Anlage ist in die Erde eingegraben.
Hinter dem Lochmuster an den beiden Enden der Fassade verbirgt sich auf der einen Seite den Zugang für die Besucher und auf der anderen Seite das Lager für den Versand.
Auf der anderen Langseite ist die Steinfassade dort unterbrochen, wo sich die Räume für die Verkostung der Gäste usw befinden. Es öffnet sich ein großartiger Blick über die Landschaft unweit der Stadt Draguignan.
Vor die Schmalseiten sind schmale Säulen aus Massivstein gesetzt.
Im Innenausbau wurde viel Birkenholz verwendet. Die gerundeten Linien, die man hier an den Wänden findet, tauchen übrigens in Stein bei der Fassade eines anderen Projekts auf, der Kellnerei Maison Delas Frères. Auf der Webpage des Architekten gibt es Bilder davon.
Bei dem Kalkstein handelt es sich um den Pierre du Pont du Gard. Geliefert wurde er von Carrières de Provence.
Die Architektur wurde schon mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem Grand Prix de Jury des französischen Natursteinverbands und der Zeitschrift Pierre Actual.
Carl Fredrik Svenstedt sandte uns detaillierte Information über die Befestigung der kleinen Steinblöcke: „Die Steine sind mit dünnen Mörtelfugen verbunden, aber auch ohne diese Fugen stabil. Alle 5 m (in jeder fünften Steinreihe) verbinden vertikale Anker die Steinsäulen mit den Fundamenten. Das war notwendig, um die Erdbeben-Vorschriften zu erfüllen.
An den Enden der Mauern wird der Abstand der Steinblöcke zunehmend größer. Dort sind Stahlstäbe von oben und unten in die Steine engelassen, um sie miteinanander zu verbinden. Das geschah wiederum aus Gründen der Erdbebensicherheit.“
Carl Fredrik Svenstedt Architect
Fotos: Hervé Abbadie, Dan Glasser
(26.04.2018)