Auf der Stone+tec in Nürnberg analysierte ein Kongress die Veränderung der Grabmalkultur und die Folgen davon
Auf der Messe Stone+tec in Nürnberg (13.-16. Juni 2018) fand erstmals der Kongress für Friedhofskultur statt. Bei dieser Veranstaltung, die insgesamt zum 4. Mal ausgetragen wurde, geht es um Wege, den Friedhof moderner und fit für die Zukunft zu machen: „Symbolisch anders, ästhetisch anders, anders in den Beerdigungsriten“, wie einer der Referenten die Denkrichtung vorgab.
Das ist ein wichtiges Thema für die Steinbranche nicht nur in Deutschland – überall in den Industrieländern gibt es immer mehr anonyme Bestattungen und Friedwälder, wo es keine Grabsteine mehr gibt.
Gebühren
„Das günstigste Angebot auf einem Friedhof muss sich mit dem günstigsten Alternativ-Angebot messen lassen“, so Professor Reiner Sörries, ehemaliger Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal und ehemaliger Direktor des Museums für Sepulkralkultur in Kassel.
Fragen sind dabei:
* wie können die Kosten gesenkt und die Friedhofsgebühren niedriger werden?
* ist es kundenfreundlich, wie die Hinterbliebenen derzeit die Gebühren zu entrichten haben?
* sind öffentlich-private Partnerschaften für den Betrieb eines Friedhofs möglich?
* können Überhangflächen oder ganze Friedhöfe verkauft werden?
Ökologie
Einigkeit bestand unter allen Beteiligten auf dem Kongress darin, dass die Ökologie ein zentrales Merkmal des Friedhofs der Zukunft sein wird. „Bestattungsräume und Naturräume werden stärker zusammenwachsen“, sagte Professor Dr. Gerhard Richter, der ehemalige Leiter des Institutes für Freiraumplanung an der Fachhochschule in Weihenstephan, voraus.
Damit ist gemeint:
* der Friedhof muss ein ökologischer „Leuchtturm“ sein: die „grünen“ Maßnahmen dort müssen nachweislich betrieben werden; die Friedhofsverwaltung sollte regelmäßig Umweltberichte erstellen;
* die Umweltbelange sollten in ein religiöses Gesamtkonzept eingebettet sein; ein Slogan nach Art eines Credo könnte sein: „Wir glauben, dass wir diese Erde und die Schöpfung Gott verdanken“;
* Särge könnten umweltfreundlicher werden;
* es müsste Zertifikate für „grüne“ Friedhöfe und „grüne“ Bestattungen geben.
Ort der Kommunikation
Ein wichtiges Merkmal des Friedhofs der Zukunft wird auch sein, dass er ein Ort der Kommunikation ist, hieß es. Neben der Trauerarbeit, die man als Kommunikation zwischen Verstorbenem und Hinterbliebenen verstehen kann, wäre auch die Kommunikation des Trauernden mit sich selbst und mit anderen Lebenden denkbar.
* ein Trauerweg über den Friedhof könnte zu speziell gestalteten Punkten der Besinnung führen;
* Cafés könnten auch anziehende Orte für Nicht-Trauernde sein.
Von hier aus ist der Schritt nicht mehr weit zum Friedhof als einem Park für die Öffentlichkeit: „Man müsste die Besucher damit anlocken, dass es auf dem Friedhof etwas Interessantes für sie gibt“, hieß es.
* in den Niederlanden gibt es Theateraufführungen auf Friedhöfen, in Deutschland mancherorts Sommertheater oder Lichtkunst;
* in München nehmen die Friedhöfe an der Langen Nacht der Museen teil;
* auf dem Zentralfriedhof in Wien können Touristen Elektrofahrräder mieten;
* wie tritt die Friedhofsverwaltung auf: Sieht man von ihr mehr als nur strenge Gebote und Verbote?
Digitalisierung
Schließlich: die Digitalisierung muss auch auf dem Friedhof einziehen. Professor Sörries forderte: „Es geht darum, die analoge mit der digitalen Welt zu verknüpfen.“
War es zuletzt so, dass es immerhin WLAN-auch auf den Friedhöfen gab und man zum Beispiel mit dem Handy ein Grab finden konnte, wird der Friedhof 4.0 Ungewöhnliches bringen:
* Online-Vergabe von Grabstätten, wie es in Wien schon möglich ist;
* Fernkontrolle der Grabpflege mit Drohnen und Bildübertragung;
* Aufzeichnungen aus der Trauerhalle mit virtueller Teilnahme.
Angesichts solcher Ideen kam bei einigen der Teilnehmer doch Skepsis auf: Kann eine virtuelle Gedenkfeier im Internet das Abschiednehmen am Grab ersetzen?
Zahlen zur Situation in Deutschland gibt es auf der Website des Bundesverbands Deutscher Bestatter:
* jährlich sterben in Deutschland etwa 860.000 Menschen;
* die Erdbestattungen machen 45,5 % aus, die Feuerbestattungen 54,5 %. Von den Verbrennungen sind ca. 2,5% Seebestattungen und 5% anonyme Bestattungen.
Eingangs auf dem Kongress hatte Dr. Günther Beckstein, ehemaliger bayerischer Ministerpräsident und Mitglied der evangelischen Synode, Gedanken zum Thema vorgetragen. Er fragte sich „als Konservativer“ (Beckstein), ob man „in einem Friedwald eine würdige Bestattung machen kann“. Naturstein sieht er als „ideales Material“ für das Grabmal, da damit auch eine individuelle Gestaltung möglich ist.
Veranstalter des Kongresses, der jährlich normalerweise in Windsheim stattfindet, war der Bund Deutscher Grabsteinhersteller (BDG)
Bundesverband Deutscher Bestatter
(12.08.2018)