Ein Computermodell der TU München erlaubt zum 1. Mal einen Blick auf das ganze Gebirge von den Seealpen bis Slowenien
Die Alpen wandern: das Gebirge hebt sich im Jahr im Schnitt um 1,8 Millimeter und driftet dabei nach Norden. Regional gibt es jedoch starke Abweichungen. Um diese Bewegungen zu ermitteln, haben Forscher und Forscherinnen der Technischen Universität München (TUM) die Messungen von mehr als 300 GPS-Antennen über einen Zeitraum von 12 Jahren ausgewertet.
Die Dynamik der Erdkruste ist für uns Menschen nicht spürbar. Wer auf einem Berggipfel in den Alpen steht, merkt nicht, dass sich der Fels unter ihm bewegt. Das Team vom Deutschen Geodätischen Forschungsinstitut der TUM hat jetzt erstmals die Bewegungen des Gebirges flächendeckend aufgezeichnet.
Die Daten hierfür lieferten mehr als 300 GPS-Antennen in den deutschen, österreichischen, slowenischen, italienischen, französischen und schweizer Alpen.
Seit 12 Jahren führt jede dieser Stationen im 15-Sekunden-Takt Positionsbestimmungen durch. „Die Daten sind eine Goldgrube für die Geodäsie, die das Ziel hat, die Oberfläche der Erde genau zu vermessen und Veränderungen zu erkennen“, erklärt Prof. Florian Seitz vom Lehrstuhl für Geodätische Geodynamik der TU München.
„Die größte Herausforderung war die einheitliche Aufbereitung der Messergebnisse“, erinnert sich Dr. Laura Sánchez: „Die Messungen werden beispielsweise beeinträchtigt durch die Auflast von Schnee, der die Antennen im Winter absenkt, oder durch Anomalien in der Atmosphäre, welche die GPS-Signale beeinflussen. Solche Störfaktoren muss man erkennen und bereinigen.“
Das neue Computermodell macht sowohl großräumige Bewegungsmuster als auch regionale Besonderheiten sichtbar: So wachsen die Alpen im Jahr um durchschnittlich 1,8 mm und wandern mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1,3 mm nach Nordosten. In Süd- und Osttirol wird diese Bewegung jedoch überlagert von einer Rotation in Richtung Osten, gleichzeitig wird das Gebirge dort zusammengedrückt.
Auch die Hebung verläuft nicht überall gleichmäßig: Im südlichen Teil der Westalpen ist sie sehr gering, in den Zentralalpen, an der Grenze zwischen Österreich, der Schweiz und Italien erreicht sie mit mehr als 2 mm pro Jahr ein Maximum.
Publikation: „Present-day surface deformation of the Alpine Region inferred from geodetic techniques“ (Sánchez, Laura; Völksen, Christof; Sokolov, Alexandr; Arenz, Herbert; Seitz, Florian, 2018, veröffentlicht in Earth System Science Data, Preprint-Version).
Die Forschung wurde in Zusammenarbeit mit dem Projekt Erdmessung und Glaziologie der Bayerischen Akademie der Wissenschaften durchgeführt. Alle im Rahmen der Studie berechneten Daten sind verfügbar über https://doi.pangaea.de/10.1594/PANGAEA.886889
Quelle: Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut, TU München
(20.08.2018)