Im Jahr 2017 wurden 8 Sorten mit dem Titel versehen, darunter der Portland Kalkstein, der Larvikit und natürlich der Carrara Marmor
Der Titel „Global Heritage Stone Resource“ (GHSR) klingt staubtrocken, aber das Projekt dahinter steckt voller Emotionen. Es geht darum, die für die Kultur der Menschheit wichtigen Natursteine in einer Liste zusammenzustellen, anders gesagt: die Bedeutung von Marmor, Granit & Co für das Bauen, für den Alltag und für die Identität vieler Generation zu dokumentieren.
Sprechen wir von Kultursteinen, um das Kürzel GHSR in handhabbare Sprache aufzulösen. Nicht nur um Bauwerke soll sich die Liste drehen: Steine für Mühlsteine könnten genauso ein Thema sein, und da fallen einem gleich Dinge auch noch wie Wetzsteine, Pflaster und vieles mehr ein.
Aber: es gibt doch schon die Geographischen Herkunftsbezeichnungen (IG), in deren Rahmen zum Beispiel der Granit aus der Bretagne beschrieben und mit einem Label versehen wurde. Dieses verbietet nun per Gesetz, dass sich – zumindest in Frankreich – ein anderer Stein als Granit Breton benennt.
Was also ist der Unterschied zum Titel „Global Heritage Stone Resource“?
Im Kern ist es die Reichweite: während die Herkunftsbezeichnungen darauf schauen, wo ein Stein herkommt, geht es bei den Kultursteinen mehr darum, wohin sie gegangen sind, also: wo überall auf der Welt sie verwendet wurden.
Ein Aspekt dabei kann auch sein, wie in der Vergangenheit mit den Steinen die jeweiligen Baustile über weite Strecken reisten.
Daraus ergeben sich die Kriterien für die Anerkennung eines Steins als „Global Heritage Stone Resource“ (GHSR). Wir zitieren von der Webseite des Projektes: Ein Kulturstein muss
* seit langen Zeiten abgebaut worden sein (mindestens seit 50 Jahren);
* er muss großräumig Verwendung gefunden haben;
* er muss in signifikanten öffentlichen oder Industrie-Bauwerken verwendet worden sein;
* er muss als Kulturgut anerkannt sein, seine Bedeutung für die Architektur muss zweifelsfrei feststehen;
* er muss auch weiterhin verfügbar sein;
* aus einer Anerkennung als Kulturstein müssen sich Vorteile kultureller, wissenschaftlicher, architektonischer, ökologischer und wirtschaftlicher Art ergeben.
Die Idee, Stein als Kulturgut erkennbar zu machen, stammt von Naturstein-Experten in der Internationalen Union der Geowissenschaften (IUGS). Im Jahr 2008 gründete sich unter deren Mitgliedern die Arbeitsgruppe für Kultursteine.
Im Jahr 2017 hat diese Arbeitsgruppe 8 Sorten als Kultursteine anerkannt. Der erste war der Portland Stone, den man in Großbritannien überall findet und der der wichtigste Baustoff beim Wiederaufbau Londons nach dem großen Feuer von 1616 war.
Weitere sind:
* der norwegische Larvikit mit seinem charakteristischen Schillern;
* der Petit Granit aus Belgien, der in Wirklichkeit ein Kalkstein ist;
* der Hallandia Gneis aus Schweden, der mit der Hanse weit verbreitet wurde;
* der Podpeč Kalkstein aus Slowenien, dessen aktuelle Brüche von der Regierung unter Schutz gestellt wurden;
* der Carrara Marmor, zu dessen Bewerbung die Jury anmerkte, dass die Antragsteller sich mit der eingereichten Dokumentation durchaus mehr Mühe hätten geben können;
* Villamayor Sandstein aus Spanien;
* der Estremoz Marmor aus Portugal.
Für dieses Jahr soll eine ähnliche Zahl von Steinen die Anerkennung erfahren, heißt es im Circular Nr. 13, das auf der Webpage eingesehen werden kann und das auch die Aktivitäten der kommenden Jahre benennt.
Die aktuelle Liste der Bewerbungen kann von der Webpage heruntergeladen werden. Dort überwiegen die europäischen Sorten, jedoch gibt es auch Kandidaten aus Japan, Australien und den USA.
Übrigens: Neben der Initiative „Global Heritage Stone Resource“ gibt es auch die Initiative „Global Heritage Stone Province“ (GHSP). Sie hat den Fokus auf einer kompletten Herkunftsregion und der Bedeutung eines Kultursteins für die Kultur dort.
Schließlich IGCP-637. Unter diesem Titel läuft die Kooperation der IUGS mit der UNESCO und deren Gremien IUNC, ICOMOS und ICCROM.
Warum wir das hier erwähnen? – Wer auf die Webpage für die Kultursteine geht, muss viele solche Kürzel über sich ergehen lassen.
Seit kurzem gibt es auch in Deutschland eine GHSR-Arbeitsgruppe. Sprecher ist Fachjournalist Dr. H. Wolfgang Wagner vom GUT Beratungsbüro in Mayen (Mail), zentrale Anlaufstelle ist Dr. Angela Ehling von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (Mail). In die Liste der Bewerbungen von deutscher Seite hat es bislang nur der Solnhofener Kalkstein geschafft.
Global Heritage Stone Ressource (GHSR)
Liste der Bewerbungen (Interim List)
(24.09.2018)