In einem ehemaligen Kraftwerk für die Stromversorgung der Steinbrüche wird nun Öffentlichkeitsarbeit für die dortigen Steine gemacht
Allein schon die Schalttafel an der Stirnseite einer der Hallen erzählt Bände, wie sich das Weltbild seit der Zeit um 1900 verändert hat: dort sind die Hebel, Sicherungen und Anzeigen in eine prächtige Wand aus dem Naturstein Bleue Belge integriert und um sie zu bedienen, muss man ein paar Treppenstufen aufwärts gehen, so als würde man sich den Allerheiligsten in einem Gotteshaus nähern.
Die Rede ist von dem Centre d’Interprétation de la Pierre (übersetzt etwa: Zentrum zur Erklärung des Natursteins) in der belgischen Stadt Spriment. Es besteht im Wesentlichen aus 2 gewaltigen Industriehallen im Stil der Glaspaläste, und an einem Ende befindet sich diese Schaltafel.
Was heute ein Zentrum für die Öffentlichkeitsarbeit der Steinbranche in der Region Wallonien ist, hatte von Anfang an mit Naturstein zu tun. 1904 wurden die beiden Hallen, damals noch mit dickem Rauchabzug nebenan, als Elektrizitätswerk errichtet.
Der Strom ging zunächst allein an den Steinbruch in der Nähe, später auch an die Stadt.
Unverkennbar ist diese Verbindung zwischen E-Werk und Steinbruch nicht nur in der Schalttafel, sondern auch in den Außenwänden. Der Kontrast zwischen den massiven Steinquadern und der filigranen Metall- und Glasstruktur darüber prägt die Gebäude.
1983 stellte das E-Werk seinen Betrieb ein, später zog das Museum der Steine in eine der Hallen ein. Jährlich gab und gibt es an 2 Wochen im Monat August vor den Toren das Bildhauersymposium (Rencontres Internationales de Sculptures).
Nach einer grundlegenden Renovierung nach einem Konzept des Architekturbüros Altiplan ist im Sommer 2018 das neue Centre in die Hallen eingezogen.
Es will einer „interaktiven Logik“ folgen, wie es in den Unterlagen heißt: „Der Besucher soll Akteur seines Besuches werden.“ Und weiter: „Nachvollzogen wird die Evolution der Steine vom Urknall bis heute.“
Daneben gibt es Informationen über die Verwendung der heimischen Sorten, etwa den Kalkstein Pierre Bleue Belge, der früher als Petit Granit auf den Markt kam.
In angrenzenden Räumen können Veranstaltungen zum Thema stattfinden. Vor der Tür wird im August wird weiterhin das Symposium ausgerichtet.
Nicht nur, dass der Schauplatz schlichtweg eine Attraktion ist. Auch wird hier der regionale Naturstein in die Geschichte eingebunden und seine Bedeutung herausgearbeitet. Denn Wallonien war ehemals die nach England am stärksten industrialisierte Region Europas – dort holte man Kohle und Eisenerz aus dem Boden und machte daraus an Ort und Stelle Stahl.
Mit ähnlich industriellen Methoden gewann man in den Brüchen von Sprimont den Naturstein.
Video (französisch) und Fotos
Fotos: CIP
Autor: Peter Becker
(22.10.2018)