Eigentlich bietet der Preis die Chance, zusammen mit den Spezialisten der Firma ein ganz besonderes Werk zu realisieren
Die diesjährigen Preisträger des Premio Henraux hätten den Marmor in „extremer Form interpretiert“, sagt Firmenchef Paolo Carli in einem Video.
Der Preis der Stiftung des berühmten italienischen Marmorunternehmens mit Sitz in Querceta unweit von Carrara wurde in diesem Jahr zum 4. Mal vergeben. Seine Besonderheiten sind, dass er sich allein an Projekte mit Marmor richtet und dass die eingereichten Entwürfe sich innovativ mit den Werkzeugen und mit dem Material auseinandersetzen sollen. Dabei dürfen sie sich auch von der Skulptur im herkömmlichen Sinne lösen. Soweit die Unterlagen.
Für diese 4. Ausgabe des Preises hatte es rund 90 Einreichungen gegeben. Die Jury war neu besetzt worden: Präsident war Edoardo Bonaspetti (ehemals Kunstzeitung „Mousse”); weitere Mitglieder waren Ilaria Bonacossa (Direktorin der Turiner Kunstmesse Artissima), Eike Schmidt (Direktor der Uffizien in Florenz), Roberta Tenconi (Kuratorin der Kunstschau Pirelli HangarBicocca in Mailand) und Andrea Viliani (Direktor des Madre-Museums für zeitgenössische Kunst in Neapel). Hinzu kam Firmenchef und Stiftungspräsident Paolo Carli.
Drei Preisträger werden bei der Ausscheidung alle 2 Jahre ausgewählt. In diesem Jahr kam noch eine Besondere Erwähnung hinzu. Die Gewinner wurden wie üblich für 6 Wochen im Frühsommer ins Werk von Henraux eingeladen, um dort ihren Entwurf zu realisieren. Die Arbeiten bleiben danach im Besitz der Stiftung.
Üblich war bisher, dass die Künstler an die Grenzen dessen gingen, was bisher mit Marmor gemacht worden war. Dies auch um das Knowhow der Spezialisten bei Henraux nebst deren Maschinenpark auszunutzen.
Diesmal war einer der Preisträger Francesco Arena mit seiner Arbeit „Metro cubo di marmo con metro lineare di cenere” (Kubikmeter Marmor mit einer Meterlinie aus Asche). Er rührte den Stein kaum an, wenn man davon absieht, dass aus dem Rohblock die Seiten mit exakten Maßen herausgeschnitten wurden und der Künstler in die Oberseite eine Linie einfräste.
David Horvitz hingegen zerhackte schon im Bruch ein Rohbstück in viele kleine Brocken. „A mountain / A sea” (Ein Berg / Ein Meer) nannte er die Arbeit, die für die Vernissage in der Werkhalle von Henraux ausgelegt wurde. Die Besucher durften sich ein Fragment mitnehmen.
Gegenständlich war die Arbeit von Diego Marcon. Er stellte mit „Ludwig” die Figur eines sitzenden Kindes dar, das mit Streichhölzern spielt.
Der Sonderpreis ging an die Gruppe ,Anto. Milotta – Zlatolin Donchev’ für ihre Arbeit „Libro di Vetta” (Gipfelbuch). Die Künstler hatten als Skulptur den Berg nachgebildet, ließen ihn aber am Kran in der Leere hängen.
Ursprünglich war ein Aspekt der diesjährigen Aufgabenstellung gewesen, Michelangelos Besteigung des Monte Altissimo vor 500 Jahren zu würdigen.
Bei der Firma Henraux steht dieser Berg im Mittelpunkt: einer der Unternehmensgründer, Jean Baptiste Alexandre Henraux, war nach dem Dienst in Napoleons Offizierscorps in der Gegend geblieben, um fortan weißen Marmor für Denkmäler in Frankreich zu beschaffen.
Am 20. Januar 1821 gründete er zusammen mit dem reichen, aber später wirtschaftlich glücklosen Italiener Marco Borrini das Unternehmen.
Die 5. Ausgabe des Preises 2020 wird auf das Firmenjubiläum ein Jahr später vorbereiten, heißt es in den Presseunterlagen.
Video (italienisch)
Fotos: Fondazione Henraux
Autorin: Eva Martín Martínez
(05.11.2018)