Peters Corner: Natursteinmessen allein für Einkäufer und als Brückenköpfe für Exporte

Peter Becker.

Gefördert mit staatlichen Geldern gibt es neuartige Pseudo-Marktplätze

In den letzten 10 Jahren sind viele Steinmessen verschwunden oder haben sich zum Überleben in größere Veranstaltungen für Bau oder Architektur integriert. Aktuell sind 2 neue Vorgänge in der Welt der Steinmessen zu beobachten, die beide in Zusammenhang mit staatlichen Geldern stehen, wenn auch auf sehr unterschiedliche Art und Weise.

In Carrara zeigt sich dramatisch die Gefahr, die in den Programmen für Einkäufer (Buyers’ Program) steckt. Im Rahmen solcher Initiativen, die inzwischen viele Messen realisieren, werden mit Geldern der Staatsregierung oder der jeweiligen Region Firmenvertreter eingeflogen und untergebracht, auf dass sie bei den Produzenten am Zielort tüchtig einkaufen mögen.

Carrara hatte mit der Marmotec ehemals sozusagen die Mutter aller Steinmessen. In diesem Jahr aber ist sie laut Webpage nicht mehr „eine traditionelle Messe mit Ständen und Produktpräsentationen“, sondern nur noch „ein zentraler Treffpunkt für Geschäftsanbahnungen“.

Als „Hub“ (Drehkreuz) bezeichnet die IMM Carrara dieses neue Veranstaltungskonzept.

Mit Programmen für Einkäufer (Buyers' Program) graben sich die Messen selber das Wasser ab.

Es ist das Buyers’ Program konsequent zu Ende gedacht: wenn man die Besucher gewissermaßen für ihren Besuch bezahlt, kann man sie auch gleich den Verkäufern übergeben – dann braucht man dazwischen eine Messe im Sinne eines Schau- und Marktplatzes nicht mehr.

Auch im portugiesischen Batalha wurde schon eine Steinmesse mit einem Programm für Einkäufer ins Leben gerufen. Offenbar aber diente das nur als Starthilfe; die ersten Ausgaben 2013 und 2015 der dortigen „Stone“ waren noch aggressiv mit solchen kostenlosen Offerten beworben worden. Inzwischen ist davon keine Rede mehr, zumindest in der Öffentlichkeit.

Eine andere Entwicklung zeichnet sich im Exportgeschäft ab. Hier gibt es neuerdings Pseudo-Messen, die in Wirklichkeit nichts als zeitweilige Showrooms der heimischen Steinbranche im Ausland sind.

Ganz radikal lancieren seit einigen Jahren türkische Veranstalter solche Events, und auch hier steht staatliches Geld dahinter.

So gab es in den letzten Jahren Versuche wie die „Singapore Stone Show“, die schnell scheiterte. Eine Pseudo-Messe in Frankreich nahe des Pariser Flughafens Le Bourget wurde geplant, aber am Ende doch abgesagt.

Auch in Algerien und Marokko gibt es solche neuen Stein-Messen von türkischen Veranstaltern. Diejenige in Algier fand im Januar 2019 immerhin schon zum 2. Mal statt. Ob die in Casablanca weitergehen wird, war bei Redaktionsschluss noch offen.

Eigentlich versuchen alle Messegesellschaften weltweit, mit Unterstützung der heimischen Branchen im Ausland einen – militärisch ausgedrückt – Brückenkopf zu installieren.

Der Erfolg hängt immer davon ab, ob man auch Aussteller außerhalb des eigenen Landes anziehen kann.

Zu einem positiven Beispiel für eine türkische Initiative könnte die „Jakarta Stone Fair“ in Indonesiens Hauptstadt werden. Indonesien gilt als ein Wachstumsland für die Steinbranche, wie wir schon häufiger berichtet hatten, und so präsentierten sich bei der 1. Ausgabe im Jahr 2018 respektable 75 Aussteller aus immerhin 8 Ländern (nächste Ausgabe: 21.-23. November 2019). Natürlich kam die übergroße Mehrheit aus der Türkei.

Jedoch scheinen die vielen staatlich geförderten Messe-Initiativen der Regierung bei den Natursteinfirmen des Landes schon zu Überdruss zu führen. Das Magazin „Marble Trend“ berichtete schon häufiger über Unmut der Firmen, die sich von so vielen Veranstaltungen überfordert fühlten, und das Magazin „Turkish Stone World“ ließ kein gutes Haar an der Schau in Jakarta.

Richtig problematisch sind staatliche Mittel für Messen oder für Einkäufer-Programme aber deshalb, weil sie das Augenmerk der Firmen von anderen neuen Märkten ablenken. Dabei handelt es sich um neue Produkte, sprich: um innovative Verwendungen von Stein.

Zum Schluss: Mitunter gibt es auch Fälle von staatlich geförderten Messen, die man nur mit Humor betrachten kann. So etwas war die MediStone 2013 im süditalienischen Bari. Groß angekündigt als neuer Marktplatz für die Steinbranche rund ums östliche Mittelmeer, löste sie sich nach einer Ausgabe schon wieder in Luft auf. Niemand hatte etwas anderes erwartet.

Wir wollen es nicht verschwiegen: die MediStone kam nur deshalb zustande, weil Mittel der EU für die unterentwickelten Regionen abrufbar bereit standen. Die dortigen Behörden hatten sich auch gleich einen erfahrenen Veranstalter an Bord geholt – die Messegesellschaft aus Carrara.

(25.02.2019)