Das Universalgenie des 15. Jahrhunderts beschäftigte sich in mancherlei Hinsicht auch mit Steinen
Er soll von ihm die Zeichnung einer Apparatur zum Zersägen von Marmor im Steinbruch geben, und es wäre auch eigentlich ein Wunder wenn nicht. Denn zur Lebenszeit von Leonardo da Vinci (1452-1519) war der Mailänder Dom eine riesige Baustelle, und schon in der damaligen ersten Ausführung spielte edler Stein eine wichtige Rolle.
Am 02. Mai 2019 jährt sich zum 500. Mal sein Todestag. Wie üblich bei solchen wichtigen Personen der Kulturgeschichte, haben wir ein wenig recherchiert, ob es Verbindungen zwischen ihm und Stein gibt.
In seinen Zeichnungen tauchen gelegentlich Berge oder Gesteinsformationen auf. Vermutlich waren sie Vorstudien für Gemälde, zum Beispiel für die Mona Lisa, wo man im Hintergrund Felsen um einen See sieht.
Weit seiner Zeit voraus war er mit seinem theoretischen Nachdenken über Steine. Denn er wollte die einfache Erklärung nicht gelten lassen, dass es die Sintflut war, die die Fossilien in die Berge aus Kalkstein gebracht hatte. Vielmehr vermutete er, dass „wo heute Land ist, früher einmal Meer war“. Damit und mit seinen Analysen der Schichtungen in den Sedimentgesteinen sagte er schon den Kreislauf der Gesteine voraus.
Die Mona Lisa gilt als das gilt als das bekannteste Gemälde der Welt, dies nicht zuletzt wegen des geheimnisvollen Lächelns der jungen Dame.
Kurios war der Weg des Bildes zur Berühmtheit: 1911 war es plötzlich aus dem Louvre in Paris verschwunden, und 1913 fand man es in Florenz in den Händen eines kleinen Diebs namens Vincenzo Peruggia. Der behauptete, er habe das Kunstwerk nicht zu Geld machen, sondern nach Italien zurückholen wollen.
Es gab einen Prozess, wo die Richter pfleglich mit ihm umgingen, und ein Jahr später wurde das Bild in politisch aufgeheizter Stimmung über Stationen in Rom und Mailand nach Paris zurückgebracht.
Das Medieninteresse seinerzeit war riesig, und schon 1919 gab Marcel Duchamps seinen Kommentar dazu ab, dies mit dem Bildnis einer schnurrbärtigen Mona Lisa, das seinerseits auch bald zu einer Ikone der Kunstwelt wurde.
Auch wenn wir die oben erwähnte Marmorsäge nicht finden konnten, gibt es unter Leonardos Maschinenentwürfen einige, die mit Stein zu tun haben oder zu tun haben könnten. Etwa eine Apparatur, mit der man große Lasten heben und exakt absetzen kann.
Mit einer anderen seiner Gerätschaften kann man Gewölbe ausmessen.
Auffälliger aber sind die Wurfmaschinen, etwa die Riesenarmbrust.
Etwas fällt dabei auf: einerseits hatte Leonardo eigentlich nicht viel für das Militär übrig, andererseits tauchen in seinen Zeichnungen phantastische Gerätschaften für die Kriegsführung auf.
Und außerdem wurde zu seinen Lebzeiten nie einer dieser Apparate realisiert. Jedenfalls wird in seiner 1. Biografie, die schon 50 Jahre nach seinem Tod erschien, kein solcher Prototyp erwähnt.
War Leonardo vielleicht gar kein Ingenieur, sondern nur ein Fan der zeichnerischen Vermittlung von komplexen Sachverhalten, also ein Lehrer mit modernen Methoden?
Solche Vermutungen liest man gelegentlich in Veröffentlichungen von außerhalb Italiens, etwa in der Zeitschrift „Weltkunst“, März 2019 aus dem ZEIT-Verlag), und es wird dann immer auch darauf verwiesen, dass erst die monumentale Nationalausstellung in Rom 1939 unter Benito Mussolini den Künstler zum Ingenieur machte. Damals wurden zum 1. Mal seine Entwürfe nachgebaut, wie es heute eine regelrechte Mode ist.
Zweifellos war jener unehelich geborene Leonardo aus der Ortschaft Vinci ein überaus begnadeter Zeichner. Faszinierend sind seine Darstellungen des menschlichen Körpers, und man fühlt sich sofort von der Faszination der exakten Wissenschaften gepackt.
Insofern mag man in ihm sogar einen Wegbereiter der Aufklärung sehen, die rund 100 Jahre später die Welt erfasste.
Was den Stein angeht, wird in seinem „Codice G“ vom 05. Januar 1511 ein Quarzit aus der norditalienischen Stadt Barge erwähnt.
Flugs hat dort 2015 ein Verband jenem Stein den Namen „Pietra di Leonardo da Vinci“ gegeben. Aus jener Gegend kommt übrigens auch der Pietra di Luserna, der kürzlich im neuen Louvre Abu Dhabi für den Bodenbelag verwendet wurde.
Wenig bekannt sind die Fabeln, die Leonardo schrieb oder die ihm zugeschrieben werden. Etwa die vom Flintenstahl und vom Feuerstein: beide Materialien, die beim Aufeinanderschlagen den Zündfunken für den Schuss erzeugen, streiten sich hier, weil der Stein nicht mehr stillhalten will. Er wird belehrt, dass man mit nur Geduld und Unterordnung „wunderbare Resultate“ hervorbringen könne.
Das Museum für Wissenschaft und Technik in Mailand zeigt vom 19. Juli an die Ausstellung „Parade“ zu Leonardo. Weltweit gibt es Präsentationen.
(02.05.2019)