Freisprechungsfeier am Steinzentrum Wunsiedel: nach zünftiger Tradition ein letzter Schlag zum Abschied

Nur noch symbolische Hiebe: Freisprechungsfeier 2019.

Mit der Zeremonie schied einst der Lehrling aus dem Familienverband des Meisters aus und konnte eigenes Geld verdienen

Das Europäische Fortbildungszentrum für das Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk (EFBZ) sandte uns die folgende Pressemitteilung:

Für 29 Auszubildende des Steinmetzhandwerks endete die Lehrzeit nach 3 Jahren am Steinzentrum in Wunsiedel. Bei der traditionellen Freisprechungsfeier am Europäischen Fortbildungszentrum für das Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk wurden sie feierlich und zunftgerecht nach alter Tradition verabschiedet und in den Gesellenstand befördert.

Auf diese Weise wird die Leistung der jungen Steinmetze gewürdigt.

Das Steinmetzhandwerk kann auf eine lange Geschichte zurückblicken und zählt zu den ältesten handwerklichen Berufen überhaupt. Seit dem Mittelalter wird die Ausbildungszeit eines Lehrlings mit einem feierlichen Abschluss, der so genannten Freisprechung, beendet.

Schon damals wurden den Auszubildenden dabei die Gesellenbriefe übergeben und die Lehrlinge vom Meister losgesprochen.

Mit der Freisprechung schied früher der Handwerker aus dem Familienverband des Meisters aus und trat in ein neues, sach- und lohnbezogenes Verhältnis zur Werkstatt. Er wurde in das Gesellenbuch der Zunft eingetragen, das in der Zunfttruhe verwahrt wurde.

Die früheren Riten zur Freisprechungsfeier sind eher derb gewesen. Da wurde nicht selten geprügelt und geohrfeigt, manchmal wurden die Gesellen mit Bier überschüttet.

Heute geht es zivilisierter zu: ein Geselle der Dombauhütte Regensburg trägt die historische Fahne der Steinmetz-Innung Regensburg und führt den Zug in die Werkstatt. Danach folgen die Ausbildungsmeister Jürgen Richter, Klaus Heinl und Uwe Müller mit der Lade, in der die Werkzeuge der Steinmetze liegen.

Anschließend ziehen die angehenden Gesellen in die Ausbildungshalle ein.

Für 29 Auszubildende des Steinmetzhandwerks endete die Lehrzeit nach 3 Jahren am Steinzentrum in Wunsiedel.

Hier erwartet sie die Leiterin des Fortbildungszentrums, Carolin Pfeuffer. Sie fragt den Lehrmeister Jürgen Richter stellvertretend für alle Meister, ob die zur Beförderung vorgesehenen Lehrlinge zur Zufriedenheit ausgebildet worden seien. Nach Bejahung bittet sie um die Öffnung der Lade und die Vorbereitung der Werkzeuge.

Jeder Lehrling erhält einen Schlag mit dem Richtscheit vom Landesinnungsmeister und stellvertretendem Bundesinnungsmeister Hermann Rudolph beziehungsweise vom Obermeister der Nord-Oberfränkischen Bildhauer- und Steinmetz-Innung Kulmbach Herrn Norbert Schlick. Dies stellt die symbolisch letzte Züchtigung des Lehrlings durch den Meister vor der Freilassung und damit den Abschied von der Lehrzeit dar.

An einem Steinblock müssen die frischgebackenen Gesellen ihre ersten Schläge mit Hammer und Meißel ausführen, zwei leichte schnelle und einen kräftigen Schlag. Die schnellen Schläge stehen für den Eifer bei der Arbeit, der kräftige Hieb für die Bedächtigkeit.

Mit dem Überreichen der Zeugnisse endet die Zeremonie und der gesellige Teil mit Essen, Trinken und Musik kann beginnen.

Begleitet wurde das Geschehen mit Musik der Jagdhornbläser Weiden-Neustadt mit ihrem Hornmeister Mirko Bertl.

Carolin Pfeuffer wünschte den frisch gebackenen Gesellen für die Zukunft alles Gute und verabschiedete sie mit den Worten: „Zieht hinaus in die Welt und bewährt euch als Gesellen im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk.“

Europäisches Fortbildungszentrum – Kompetenzzentrum für das Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk (EFBZ), Tel.: 09232 / 1038, Mail

(01.09.2019)