Kunst: Leinen los, auch fürs Denken!

Das vielleicht lustigste Kunstwerk von Fabio Viale und auch eines seiner schönsten Kunststücke ist in jenem Video zu sehen, wo er mit einem kleinen, weißen Boot über einen Wasserweg in Mailand kurvt. Kippt es nun oder kippt es nicht? fragt man sich, so vorsichtig wie Viale die Kurven fährt.

Viale ist Bildhauer er arbeitet mit Marmor. Was er aber aus dem Material macht, kommt eher als leichtfüßiger Spaß denn als schwergewichtige Kunst daher. Da gibt es zum Beispiel den LKW-Reifen aus weißem Marmor, der so realistisch ist, dass man sich unwillkürlich umschaut, wo denn der Kraftwagen dazu geblieben ist. Genauso gibt es Autoreifen, bei denen das Profil und der Herstellername in solcher Genauigkeit herausgearbeitet sind, dass man sich beinahe betrogen fühlt zu sehen, dass es doch nur wieder Marmor ist, diesmal schwarz.

Vielleicht ist Viale ein Täuscher, wenn man das Wort im positiven Sinn versteht. Er lässt uns etwas wahrnehmen, das gar nicht da ist, zum Beispiel den Papierflieger an der Wand der Kirche, der doch nur wieder ein Objekt aus Stein ist.

Beim näheren Betrachten von Viales Kunst kommt das Denken dann in jenen Stand der freudigen Überraschung, die so gut tut und der sich in einem herzhaften und befreienden Lachen äußert.

Zum Beispiel seine „Super Gioconda“ nach der Mona Lisa von Leonardo da Vinci. Ist das wirklich Styropor? Natürlich nicht. Genauso: die Rolle Klopapier, oder die Tatoos auf einem Männertorso.

Ach ja, beinahe hatten wir’s vergessen: Das Boot, mit dem er über das Wasser kurvte, war natürlich auch aus Marmor. Aus einem Block gehauen und rund eine Viertel Tonne schwer. Es ist nicht gekippt, haben wir aus zuverlässiger Quelle erfahren.

Also: Leinen los, auch gedanklich!

Fabio Viale

Fotos: Fabio Viale

(Juli 2010)