Folgen auch für den Containerverkehr und für das Messegeschehen / Politikerin in Massa-Carrara appelliert: „Wir lassen uns doch von einem Virus nicht einschüchtern”
Groß sind die Besorgnisse auch in der Natursteinbranche weltweit über die Ausbreitung des Coronavirus. Erste Auswirkungen kann man schon vorhersagen, auch wenn nicht klar ist, wie lange sie spürbar sein werden: der Verkauf von Rohblöcken nach China wird zurückgehen. Dabei wird das nur die Entwicklung verstärken, die ohnehin seit etwa einiger Zeit zu beobachten ist. Auch sind Auswirkungen auf den Transportsektor zu erwarten.
In der Region um Massa-Carrara in Italien zum Beispiel sind die Sorgen groß, denn China spielt für die Wirtschaft dort eine große Rolle. Das Forschungsinstitut der Handelskammer der Region hat dieser Tage eine Analyse der Situation vorgelegt: danach hat die Natursteinbranche der Region in den ersten 9 Monaten des Jahres 2019 Marmor-Rohblöcke im Wert von 99 Millionen € nach China exportiert. Die Zahl für das gesamte Jahr 2018 hatte sich auf 120 Millionen € belaufen.
In der Analyse wird die besondere Bedeutung der Steinbranche für die Region betont: die 99 Millionen € machten 11,2% der Exporte aller Ausfuhren von dort aus.
Umgekehrt hatte Massa-Carrara für rund 22 Millionen € allgemeine Waren in China eingekauft. Das entsprach 5,8 % der Gesamtsumme aller Importe.
Darüber hinaus gebe es „viele mit dem Steingeschäft verbundene Branchen wie Banken, Versicherungsunternehmen, Transport, Handel, Ingenieurwesen usw.”, die indirekt zu leiden hätten, so die Analyse. Ein Vertreter einer Wirtschaftsorganisation sagt es unmissverständlich: „Es besteht kein Zweifel daran, dass unsere Exporte stark beeinträchtigt werden.”
Dazu ein Schmankerl: Eine Politikerin aus der Region hatte deshalb schon die Initiative ergriffen und an einem der vergangenen Wochenenden Firmen besucht. Auf dem Portal Versilia Produce wird er mit dem ganz großen Apell zitiert: „Wir lassen uns doch von einem Virus nicht einschüchtern” (Non lasciamoci intimorire da un virus).
Auch für den weltweiten Containerverkehr werden Auswirkungen erwartet. Nach einer Recherche der Nachrichtenagentur Reuters sieht der dänische Branchenriese Maersk Störungen beim Zu- und Entladen von Containern in den chinesischen Häfen, teils einfach aus Mangel an Personal wegen der Krankheit. Diese Blockierung der normalen Abläufe könnte insgesamt Kosten hochtreiben, weil Container blockiert sind und die Spediteure teuren Ersatz besorgen müssen.
Auch in der Türkei macht man sich Sorgen. Laut einem Bericht der regierungsnahen Zeitung Daily Sabah exportiert das Land pro Jahr Natursteine im Wert von 700 Millionen US-$ nach China. Die Exporte der Ägäis-Region nach China sind im Februar 2020 um (-)54,5% zurückgegangen, so Angaben der Aegean Exporters’ Associations (EIB). Jedoch wird in dem Bericht kein Bezugszeitraum genannt.
Ohnehin ist das nur eine Momentaufnahme. Aussagekräftiger sind die Zahlen des Verbands IMIB für die Monate Januar bis November 2019, denn sie zeigen den großen Trend: die Exporte gingen in jenem Zeitraum gegenüber den Vorjahr nach Wert um (-) 16,07% zurück nach Tonnage um (-)11,72%. Ausführlich ist die Statistik in der Ausgabe Nr. 51 des Magazins Marble Trend dargestellt.
Amüsant auch hier: der Präsident des Ägäis-Verbands, Mevlut Kaya, kommentierte den Einbruch im Februar mit Ironie: „Wir aber haben zwischen 20.000 und 30.000 Atemschutzmasken nach China geschickt, nachdem man uns via WeChat darum gebeten hatte”, wird er von Daily Sabah zitiert.
Problematisch aus türkischer Sicht ist das Coronavirus auch für das Messegeschehen: mit der Verlegung der Xiamen Stone Fair auf den Juni (06.-09.) sei die Planung der heimischen Firmen schon durcheinander geraten. Nun sei es umgekehrt auch noch fraglich, ob zur Messe in Izmir (01.-04. April) viele Einkäufer aus China anreisen würden.
Mitte Februar schon hatte die Messegesellschaft in Europa um Einkäufer geworben.
Fazit also: Corona wird einen weiteren Rückgang der chinesischen Importe von Naturstein nach sich ziehen. Das hat Folgen für die Branche weltweit. Unklar ist dabei, wie stark und wie lange die Folgen spürbar sein werden.
Ohnehin sind Chinas Importe rückläufig, dies wegen einer Abkühlung der heimischen Wirtschaft. Die Gründe für diese Abkühlung sind zum einen der Handelsstreit mit den USA und zum anderen die Tatsache, dass das bisherige zweistellige Wirtschaftswachstum zumindest in den Küstenregionen und in den Ballungszentren zu Ende ist.
Jedoch bleibt China auch weiterhin ein großer Importeur an Naturstein. Denn die aktuellen Wachstumsraten von um die 6% für das ganze Land sind nicht weiterhin beeindruckend, und das Hinterland liegt noch um etliche Jahrzehnte in der Entwicklung zurück.
Außerdem gibt es Anzeichen, dass sich im Land eine Nachfrage nach werthaltigen Design-Produkten aus Naturstein entwickelt.
Untersuchung der Handelskammer (italienisch)
Versilia Produce (italienisch)
Marble Trend, Nr 51
(02.03.2020)