Ein Forschungsteam der Universität Tübingen hat die Rolle von Vegetation, Niederschlag und Bodenerosion untersucht
Pflanzenbewuchs kann Hänge stabilisieren, Regenfälle hingegen verstärken häufig die Bodenerosion. Bisher war das Zusammenspiel dieser Einflüsse auf die Gebirgsbildung nur für einige kleinere Regionen der Erde bekannt. Professor Todd Ehlers, Dr. Jessica Starke und Dr. Mirjam Schaller aus dem Fachbereich Geowissenschaften der Universität Tübingen haben nun in einer großangelegten Studie die Wechselwirkung von Pflanzen und Klima auf die Gebirgsbildung untersucht.
Bei ihrer Forschungsarbeit entlang des 3.500 km langen Westrands der Anden in Peru und Chile stellten sie fest, dass der Einfluss von Pflanzen auf Landschaft und Erosion je nach Region gegensätzlich ausfallen kann: Während zum Beispiel in der trockenen Atacama-Wüste die spärliche Vegetation den Boden festhält, ist im Gegensatz dazu in gemäßigten feuchteren Regionen mit einer dichteren Pflanzendecke eine höhere Erosionsrate zu beobachten.
Generell gilt: Pflanzen halten mit ihren Wurzeln den Boden an Hängen fest und bremsen fließendes Wasser auf der Oberfläche, so dass Hänge stabiler werden. Sie können jedoch umgekehrt die Erosion auch erhöhen, indem sie mit ihren Wurzeln Festgestein zersetzen und es in Boden umwandeln, der einfacher abgetragen werden kann.
Die Situation wird noch komplizierter, wenn man den Niederschlag einbezieht. Regen steigert das Wachstum der Pflanzen, ist aber auch ein entscheidender Faktor der Erosion. „Man könnte annehmen, dass je dichter die Pflanzendecke ist, desto geringer die Erosion. Dieser einfache Zusammenhang stimmt für einige Andenregionen“, sagt Professor Todd Ehlers. „Aber auch andere Faktoren wie Niederschlagsraten spielen eine wichtige Rolle. Es ist spannend zu sehen, wie die Erosion von Gebirgen das Zusammenspiel von Pflanzen und Niederschlag widerspiegelt.“
Zum Beispiel gebe es in den klimatisch gemäßigten Andengebieten nur deswegen eine dichte Pflanzendecke, weil auch viel Regen falle. Dieser Niederschlag verstärke trotz des Bewuchses insgesamt die Bodenerosion. Mit weiter steigendem Pflanzenbewuchs in anderen Regionen vermindern jedoch Pflanzen die Erosion, so dass Hänge stabilisiert und steiler werden.
„Unsere Studie ist ein Beispiel für eine neue Wissenschaftsgrenze, die an der Schnittstelle der Geo- und der Biowissenschaften liegt. Wir erfahren immer mehr darüber, wie stark die festen und lebendigen Teile der Erde miteinander wechselwirken, und wir können die Effekte dieser Interaktionen über lange Zeitskalen von Tausenden von Jahren beobachten“, sagt Ehlers.
J. Starke, T.A. Ehlers, M. Schaller: Latitudinal effect of vegetation on erosion rates identified along western South America. Science, v. 367, issue 6484, pages 1358-1361, (2020). https://dx.doi.org/10.1126/science.aaz0840
Quelle: Universität Tübingen
(24.03.2020)