(August 2010) Diese Moschee ist ungewöhnlich, dies gleich in zweierlei Hinsicht: zum einen stellt sie eine moderne Weiterentwicklung der traditionellen Architektur für muslimische Gotteshäuser dar. Zum anderen gehören zu ihr auch Gebetsräume für Christen und Juden. Um es gleich zu sagen: dort geht allerdings weder ein Priester noch ein Rabbi seiner Tätigkeit nach, jedoch können die Gläubigen sich in der Moschee treffen.
Hintergrund ist, dass die Moschee unmittelbar neben der Bilkent Universität in Ankara liegt, praktisch zu ihr gehört. Und diese Universität versteht sich als modern und offen für Studenten aus aller Welt.
Doğramacızade Ali Pasa lautet der Name der Moschee. Er geht auf den türkischen Akademiker und Mäzen Ihsan Doğramacı zurück, der schon die Bilkent Universität gegründet hatte und auch das Geld für das Gotteshaus gab. Fertig gestellt wurde es 2008. Doğramacı starb 2010 im Alter von 93 Jahren und wurde im Hof des Gotteshauses beigesetzt.
Das Innere des großen Gebetssaals verzichtet fast ganz auf traditionellen islamischen Schmuck. Die Wände und die Decke sind mit schlichtem Kufeki-Kalkstein verkleidet und tragen nur wenig Dekor. Das wiederum lässt den Raum an sich zur Wirkung kommen, und die Art der Beleuchtung verstärkt diesen Effekt noch.
Denn die gläserne Kuppel ist aufwändig gestaltet, so dass sich je nach Sonnen- oder auch Mondschein unterschiedliche Stimmungen in dem Saal einstellen können. Ziel der Architekten war, den Kontrast der „einfachen Seele in ihrem Streben nach Glück im Dasein gegenüber der Unendlichkeit von Zeit und Kosmos“ erlebbar zu machen, wie die Planer von SFMM-Architekten schreiben. Gebaute Transzendenz, sozusagen.
Das Minarett ist wie die Außenfassaden in Denizli-Travertin verkleidet. Im Innenhof kam Granit zum Einsatz, Marmor in den Waschräumen. Sämtlicher Naturstein stammt aus der Türkei. Aus Holz hingegen sind die Kanzel (Minbar), von der beim Freitagsgebet die Predigt gehalten wird, und die Gebetsnische (Mihrab), die die Richtung nach Mekka angibt. Das verstärkt den Eindruck von schlichter Eleganz, der das ganze Bauwerk prägt.
Natürlich gab es Kritik an dem multireligiösen Anspruch. Befürchtungen wurden geäußert, dass der Raum für die Christen deren Mission förderlich sein könnte. Auch wurde gefragt, warum man überhaupt Räume für Andersgläubige einrichte, wenn es sie an Ort und Stelle doch gar nicht gebe. Befürworter hingegen verwiesen darauf, dass im Islam ehemals Toleranz weit verbreitet war: An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert sei es in Konstantinopel und anderen großen Städten üblich gewesen, in Krankenhäusern oder Pflegeanstalten nebeneinander eine Moschee, eine orthodoxe Kirche und eine Synagoge zu unterhalten.
Fotos: SFMM
Neue Moschee in Berlin
Auch Berlin hat eine neue und sehenswerte Moschee. Sie liegt in Kreuzberg, ist aber von außen fast nicht zu erkennen: Die Fassade aus spanischem Sandstein könnte auch zu einem Geschäftshaus gehören, und statt eines großen Minaretts gibt es vier kleine.
Herauszuheben in Sachen Naturstein sind hier Kanzel und Gebetsnische. Beide sind traditionell ganz in weißem Marmor gestaltet. Gefertigt wurden die Stücke in China und in Einzelteilen geliefert – „da das ganze Projekt ausschließlich mit Spendengeldern finanziert ist, mussten wir sehr auf die Preise achten“, sagt Birol Urçan vom Islamischen Verein für Wohltätige Zwecke, der das Projekt auf die Beine gestellt hat.
Daneben kam auch Marmor aus der Türkei und aus Griechenland zum Einsatz. Granit prägt den Waschraum im Untergeschoss. Überaus prächtig sind die Innenräume mit orientalischen Mustern in Gips gestaltet. Um sie auszuführen, holte man extra Stukkateure aus Spanien nach Berlin. Die Architekten waren Günter Barnstedt und Mohammad Miri.
Das Gotteshaus mit dem Namen Omar Ibn Al-Khattab Moschee ist Kern des Maschari Centers, das der Verein zu einem Zentrum für alle Bewohner in der Kreuzberger Umgebung machen will. „Unser Haus steht Besuchern sowieso und auch Andersgläubigen offen“, betont Uçan.
Er will in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt Berufsinformationen für Jugendliche oder gemeinsam mit der Volkshochschule Deutschkurse anbieten, um nur zwei der Vorhaben zu nennen. Auch sollen Teile des Centers gewerblich genutzt werden, etwa für ein Restaurant und für Geschäfte.
Männer und Frauen beten in der neuen Kreuzberger Moschee übrigens nicht in getrennten Räumen, sondern miteinander, also die Männer vorne und die Frauen dahinter. Das ist genauso in Mekka, Medina oder in der Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem.
Widerstand gegen das Bauvorhaben an markanter Stelle direkt am U-Bahnhof Görlitzer Bahnhof gab es nicht. Anders war das im Berliner Stadtteil Pankow-Heinersdorf gewesen: Dort protestierten Bürger heftig gegen eine Moschee.
Eine ebenfalls sehenswerte Moschee neueren Datums in Deutschland ist das Islamische Forum im bayerischen Penzberg.