Ist Barbara Liottas Kunst „AirArt“, wo steinerne LandArt an Fäden hängt?

Barbara Liotta: „Windy Hill Nereid”.

Die US-Künstlerin schafft luftige Vorhänge für Parks und Museen und auch als Dekoration für Privathäuser

Update: The magazine “The Atlantic” has a report how 3 artists, Barbara Liotta among them, are responding to the pandemic.
 

In der LandArt wird Stein gerne dazu verwendet, um Kreise oder Linien in der Landschaft auszulegen. Die Recherche zu Barbara Liottas hängenden Steinen hat uns auf die Idee gebracht, ob man ihre Kunst vielleicht als „AirArt“ bezeichnen könnte, wo LandArt-Arrangements um 90 Grad gedreht und an Fäden aufgehängt sind? Ihr gefiel die Idee.

Zweifellos macht die US-amerikanische Künstlerin Barbara Liotta eine ganz außergewöhnliche Kunst. Auf den ersten Blick hat sie einfach kleine Steine an Fäden aufgehängt, und darin kann man eine Art von luftigem Vorhang sehen.

Barbara Liotta: „Rubell Nereid”.

Bei manchen Arbeiten gehen die Fäden unterhalb der Steine noch weiter und verlaufen sich in einem wirren Knäuel auf dem Boden.

Barbara Liotta with Perla Krauze: „A dark and scandalous rockfall”, Mexican Cultural Institute.

Aber wenn man die Kunstwerke näher betrachtet, kommen neben den Materialien Stein, Faden und Aufhängung noch zwei weitere Medien hinzu: zum einen der Wind, der das ganze Arrangement in leichte Bewegung setzen kann, zum anderen der Schatten, der ein Abbild des Kunstwerks zum Beispiel an eine Wand zeichnet. Wenn sich dann die Lichtquelle auch noch bewegt, ist auch ohne Wind etwa in Innenräumen plötzlich auch hier Bewegung in dem Kunstwerk.

Die gebe es eigentlich bei allen diesen Arbeiten, stellt Barbara Liotta klar. Nur scheinbar starr, gebe es in den langen Fäden nämlich auch ohne Wind Vibrationen, etwa wenn Schwingungen wie Trittschall aus der Decke eines Innenraums aufgenommen würden. Sie zieht den Vergleich ihrer Installation mit einem Musikinstrument: „Es atmet, so wie ein Saiteninstrument es im Vibrato tut.“

Barbara Liotta: „Score at MPA”.

Hier schlägt sich wohl der Einfluss ihrer Ausbildung nieder: Barbara Liotta studierte Kunst und Tanz am Sarah Lawrence College im US-Bundesstaat Cleveland, wo sie „Kind bei Eltern mit großem Kunstbewusstsein“ war, wie es auf ihrer Webpage heißt.

Sie umreißt die Leitlinie ihrer Kunst folgendermaßen: „Eine Arbeit sollte klar wie Kammermusik und anmutig wie ein Tanz sein.“

Dabei muss man wissen, dass sie aber auch auf einen Vorschlaghammer zurückgreift, um Steine in der gewünschten Größe zu bekommen. Das wiederum schlage sich dann auch ihren Kunstwerken nieder und gebe ihnen Spannung und Leben, wie sie formuliert: „Alle Arbeiten schweben zwischen Lyrischem und Formalem, Kraftvollem und Melodischem, Gewalttätigem und Schönem.“

Barbara Liotta: „Serena”.

Wir wollen ein wenig detailliert betrachten, was sie meint: Das Formale sind die strengen Linien der Fäden, das Lyrische und Melodische sind die Bewegungen oder die Schwingungen, in die die Fäden geraten können, das Kraftvolle und Gewalttätige ist die Energie des Hammers, die in den Steinen gespeichert ist.

Ihre Arbeiten sind nicht nur in öffentlichen Parks oder Museen zu sehen, sondern auch in Privathäusern. Dort sind sie eine wirklich außergewöhnliche Art von Inneneinrichtung. Sie entwickelt dann gemeinsam mit dem Auftraggeber die jeweiligen Formen und sucht zusammen mit ihm die passenden Steine aus.

Barbara Liotta: „Eos”, detail.

Die bekommt sie von Fernando’s Marble, einem Steinmetz im Ort Rockville in ihrer Nähe. Seine Familie habe portugiesische Abstammung, und sie teilt mit dem Chef die Liebe zu dem Material. Er weise sie manchmal auf besondere Sorten hin, und unterstütze sie auch insofern großartig, als er unermüdlich Bruchstücke für sie sammele, schreibt sie.

Die Fäden bestehen aus einem besonderen Polyester, den sie in weiß, schwarz oder grau einkauft. Der Stoff muss sehr fest sein, darf sich unter der Last der Steine nicht ausdehnen und darf auch nicht zum Verheddern neigen.

Barbara Liotta hat auch skulpturale Arbeiten gefertigt. Daneben zeichnet sie und beschäftigt sich mit Reliefs.

Barbara Liotta

Fernando’s Marble Shop

Fotos: Barbara Liotta.

Barbara Liotta: „Aoös“, Katzen Museum at American University.Barbara Liotta. Foto: Mary Noble Ours

(25.05.2020)