Die Architekten von Fortunen Arkitektur AS haben ein Gebäude wie eine Skulptur mit tollem Ausblick ans Flussufer gestellt
Toiletten sind Orte, wo man nur hingeht, wenn man hingehen muss, nämlich einem inneren Drange folgend. Zwei solche Orte gibt es jedoch, die man unbedingt aufsuchen muss, auch ohne inneren Drang.
Der eine ist das Toilettenhäuschen am Skjervet Wasserfall (Skjervsfossen) in Norwegen – es ist von außen ein Schmuckstück in der Landschaft und bietet von innen einen großartigen Blick über den Wasserlauf. Die Architektur stammt von dem norwegischen Büro Fortunen Arkitektur AS, die Landschaftsarchitektur von Østengen & Bergo Landscape Architects AS.
Es handelt sich um die Toilette an einer Touristenstraße, die von der Straßenbehörde Nasjonale turistveger in Auftrag gegeben worden war. Das Gebäude und das Drumherum sollte den Besuchern aus dem In- und Ausland eine „einmalige und überraschende Erfahrung bieten“, wie es in der Presseerklärung der Architekten heißt. Das Design sollte „das Erleben der natürlichen Landschaft möglich machen, ohne sich zu ihr in Konkurrenz zu setzen“.
Was für ein Programm für ein Toilettenhäuschen mitten in der Pampa! Um es zu verstehen muss man wissen, das Norwegen ein reiches Land ist, und dass die Leute sich sehr mit Fjord, Berg und Wald identifizieren.
Das Häuschen steht am Rand eines Parkplatzes unmittelbar über dem Flüsschen Storelvi. Der Wasserlauf hat bis hierher einen beschaulichen Weg durch eine offene Landschaft hinter sich und muss sich nun durch ein schmales Tal zwängen, bevor es im Wasserfall rund 135 m in die Tiefe geht.
Das Gebäude ist wie eine schmale Schachtel aufgestellt. Es hat ein markantes Pultdach – wollten die Architekten den Eindruck erwecken, als hätte der Fluss bei einem Hochwasser die eine Hälfte des Häuschens weggerissen?
Auf der Parkplatzseite gibt es 2 Türen fürs WC und dazwischen eine Tür für einen Technikraum, auf der Flussseite ist die Fassade hoch wie eine Felswand.
Auf dieser Seite ziehen sich 2 gläserne Ausschnitte von oben nach unten, und von innen hat man durch sie hindurch jenes unvergleichliche Toiletten-Erlebnis, von dem wir am Anfang gesprochen hatten.
Das Gebäude ist mit lokalen Schiefer verkleidet.
Lassen wir die Architekten nochmal zu Wort kommen: „Das Gebäude wirkt wie ein Stück Berg, das aus dem Fels herausgetrennt und auf der anderen Seite des Flusses wieder aufgestellt wurde. Wegen der Form kann es kein Haus sein, eher ist es eine Skulptur aus Stein. Die steinernen Außenfassaden sind ein starker Kontrast zu den mit dunklem, warmem Sperrholz verkleideten Innenwänden. Durch den scharf gezogenen gläsernen Ausschnitt hat man einen Blick auf den Fluss, den Wald, den Berg und in den Himmel.”
Ach ja, wir müssen noch den 2. Toilettenort nennen, den man unbedingt besuchen muss, auch wenn der innere Drang fehlt. Es ist das Männerklo in der Monkey Bar im 10. Stock des Bikini-Hotels in Berlin (Budapester Straße 40). Vom Pissoir blicken die Männer durch ein riesiges Fenster vom Boden bis zur Decke weit über den Berliner Zoo und die Stadt.
Østengen & Bergo Landscape Architects AS
Monkey Bar, Berlin
Fotos: Jarl Waehler, Ragnhild Olsen, Roger Ellingsen, Steinar Skaar, Vidar Herre, Paal
(10.06.2020)