Die Höhe der Gebirge wird vor allem von tektonischen Kräften bestimmt, weniger von der Erosion und Verwitterung

Die Anden vom Weltraum aus betrachtet. Die Höhe der Anden wird, wie die Höhe anderer Gebirge nahe von Subduktionszonen, durch tektonische Kräfte bestimmt. Quelle: Nasa

Die Forscher benutzten Daten, die sich aus Wärmeflussmessungen im Untergrund beziehungsweise aus der Reibungsenergie an den Grenzflächen der Kontinentalplatten ableiten

Welche Kräfte und Mechanismen bestimmen über die Höhe von Bergen? Eine Gruppe von Forschern aus Münster und Potsdam hat nun eine überraschende Antwort gefunden: Es sind nicht Erosion und Verwitterung von Gestein, die die Obergrenze von Gebirgsmassiven festlegen, sondern es ist ein Kräftegleichgewicht in der Erdkruste. Für die Geowissenschaften ist dies eine fundamental neue und wichtige Erkenntnis. Die Forschenden berichten darüber in der Fachzeitschrift Nature.

Zu klären ist aber noch, ob diese Erkenntnisse auch für die vielen Gebirgsketten zutreffen, die nicht in der Nähe von Subduktionszonen liegen, etwa Bruchschollengebirge.

Die höchsten Gebirgsgürtel unserer Erde, etwa der Himalaya oder die Anden, erstrecken sich entlang von so genannten konvergenten Plattengrenzen. Dort bewegen sich zwei Erdplatten aufeinander zu, und eine der Platten wird gezwungen, unter die andere in den Erdmantel abzutauchen. Bei diesem Prozess der Subduktion entwickeln sich über Jahrmillionen die Gebirge an den Rändern der Kontinente.

Die neue Studie von Wissenschaftlern des Deutschen GeoForschungsZentrums (GFZ) in Potsdam und des Instituts für Geologie und Paläontologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster zeigt nun, dass Erosion durch Flüsse und Gletscher keinen nennenswerten Einfluss auf die Höhe von Gebirgen hat. Zu diesem überraschenden Ergebnis gelangten die Forscher unter der Leitung von Armin Dielforder (GFZ), indem sie die Kräfte entlang verschiedener Plattengrenzen auf der Erde berechneten.

Sie nutzten dazu Daten, die Aufschluss über die Festigkeit von Plattengrenzen geben und sich zum Beispiel aus Wärmeflussmessungen im Untergrund ableiten. Der Wärmefluss an konvergenten Plattengrenzen wird wiederum von der Reibungsenergie an den Grenzflächen der Kontinentalplatten beeinflusst.

Das Diagramm vergleicht die durchschnittliche Höhe von Gebirgen mit der Scherkraft DFs, die entlang von tektonischen Plattengrenzen wirkt. Global betrachtet zeigt sich, dass die Gebirgshöhe linear mit dieser Kraft ansteigt. Quelle: Dielforder et al., Nature

Die Forschenden sammelten aus der Literatur weltweite Daten zur Reibung im Untergrund unter unterschiedlich hohen Gebirgszügen (Himalaya, Anden, Sumatra, Japan) und berechneten daraus die entstehenden Spannungen und damit auch die Kräfte, die zur Hebung der jeweiligen Gebirge führen. So wiesen sie nach, dass sich in aktiven Gebirgen die Kraft auf der Plattengrenze und die Kräfte, die sich aus dem Gewicht und der Höhe des Gebirges ergeben, die Waage halten.

Solch ein Kräftegleichgewicht herrscht in allen untersuchten Gebirgen, obwohl diese in unterschiedlichen Klimazonen mit stark variierenden Erosionsraten liegen.

Dieses Ergebnis zeigt, dass Gebirge in der Lage sind, auf Erdoberflächenprozesse zu reagieren und bei schneller Erosion so zu wachsen, dass das Kräftegleichgewicht und die Höhe des Gebirges erhalten bleiben.

Nature

Dielforder, A., Hetzel, R., & Oncken, O.: Megathrust shear force controls mountain height at convergent plate margins. Nature, https://doi.org/10.1038/s41586-020-2340-7

Quelle: Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ

(21.07.2020)