Eine Ausstellung im Musée Barbier-Mueller in Genf zeigt die geheimnisvollen Gestalten und dokumentiert den Weg, wie der unbekannte französische Künstler Antoine Rabany (1844-1919) identifiziert wurde
1939 tauchten seltsame Skulpturen auf dem Pariser Antiquitätenmarkt auf. Josef Müller, der Gründer der heutigen Sammlung Barbier-Müller, die im gleichnamigen Museum in Genf ausgestellt ist, war begeistert und erwarb eine größere Zahl dieser Basaltfiguren.
Der Kunstgeschichtler Jean Dubuffet traf im Jahr 1945 im Atelier des japanischen Sockelmachers Inagaki auf sie. Ebenfalls fasziniert von diesen merkwürdigen Kreationen, taufte er sie alle auf den Namen „Barbus Müller“, wahrscheinlich nach dem Bart, den einige Stücke tragen, und dem Namen von Josef Müller.
Dubuffet schrieb über sie und sein Konzept der „Art Brut“ in einem Faltblatt, das im Katalog der aktuellen Ausstellung wieder zu sehen ist.
Als Josef Müller sie erworben hatte, wurden sie als „Keltische Köpfe in Stein aus der Vendée“ beschrieben, im Laufe der Zeit gab es mehr Spekulationen über ihre Herkunftsorte vielleicht in Amerika oder Ozeanien.
Das Rätsel scheint nun gelöst zu sein. Dank einer detaillierten Studie von Bruno Montpied, Schriftsteller, Maler, Filmemacher, Forscher und Spezialist der Art Brut und der spontanen Künste, konnte die Identität des Bildhauers aufgedeckt werden (zumindest für einige dieser Barbus Müller): Sie sind das Werk eines bäuerlichen Künstlers namens Antoine Rabany (1844-1919). Im Jahr 1907 hatte er als autodidaktischer Bildhauer sein künstlerisches Schaffen begonnen, vielleicht inspiriert von der Kunst, die er während seines Militärdienstes in Nordafrika gesehen hatte, oder von den Figuren an einer Friedhofskapelle in der Auvergne in der Nähe seines Wohnortes. Zwischen 1907 und 1919 dürfte er etwa 50 Werke geschaffen haben.
Die Ausstellung zeigt mehr als 20 „Barbus Müller“ (nicht alle stammen mit Sicherheit von Rabany) aus der Sammlung des Museums sowie von privaten und öffentlichen Leihgebern. Sie werden Werken aus fernen Kulturen gegenübergestellt. Dokumentiert wird auch die Untersuchung von Bruno Montpied.
Vom 08. September 2020 bis zum 28. Februar 2021 zeigt das Musée d’ethnographie in Genf die Ausstellung „Jean Dubuffet, ein Barbar in Europa“.
(15.08.2020)