An der Grande Arche de la Défense in Paris wurden die Fassadenplatten aus Carrara-Marmor durch den Granit Bethel White ersetzt

Die Grande Arche im Jahr 2020. Foto: Arthur Weidmann / <a href="https://commons.wikimedia.org/"target="_blank">Wikimedia Commons</a>, <a href=" https://en.wikipedia.org/wiki/Creative_Commons_license"target="_blank">Creative Commons License</a>

Es war ein großes Glück für die weltweite Steinbranche, dass nach den Schäden am Stein diese Gebäude-Ikone nicht an andere Fassadenmaterialein verloren ging

Es sind schlechte Nachrichten für die Marmorfirmen in Carrara, aber gute für die Natursteinbranche weltweit: an der Grande Arche de la Défense in Paris sind die Schäden an der Innenfassade behoben worden, indem man den italienischen Marmor durch den Granit Bethel White aus dem US-Bundesstaat Vermont ersetzt hat. Die globale Bedeutung des Vorgangs für die Natursteinwelt liegt darin, dass hier die Gefahr bestand, dass ein ikonisches Werk der modernen Architektur künftig eine Fassade zum Beispiel mit Kunststein tragen würde.

Tatsächlich: das Weiß des Bethel White kann man schon aus ein paar Schritten Entfernung nicht vom Marmor unterscheiden. Dafür wurde seine Oberfläche geflammt und gebürstet. Von ganz nah sieht man natürlich, dass dieser Stein nicht die milchige Oberfläche des Carrara-Marmors hat, sondern die vielen Pünktchen eines Granits. Den Eigentümern und den vielen Beteiligten aber genügte der Gesamteindruck, der nun wieder dem Original aus dem Jahr 1989 entspricht.

Die Form der Grande Arche ist ein Tesserakt-Würfel. Innen hat er einen kleineren Würfel, der hier ein Hohlraum ist. Quelle: <a href="https://commons.wikimedia.org/"target="_blank">Wikimedia Commons</a>

Bevor es weitergeht, eine Grafik der Architektur, damit man sich das Ganze vorstellen kann. Bei der Grande Arche handelt sich um einen (nicht ganz perfekten) Würfel, der in seinem Kern einen kleineren Würfel beherbergt. Dieser innere Würfel ist hier ein Hohlraum. Schräge Fassadenflächen verbinden beide Körper miteinander. Der Fachbegriff für diese geometrische Figur ist Tesserakt; man spricht auch von einem vierdimensionalen Hyperwürfel.

Schäden und Verschmutzungen an der Marmorfassade der Grande Arche.Schäden und Verschmutzungen an der Marmorfassade der Grande Arche. Foto: Frédérik Vuille / <a href="https://commons.wikimedia.org/"target="_blank">Wikimedia Commons</a>Schäden und Verschmutzungen an der Marmorfassade der Grande Arche.

Zur Geschichte des Vorgangs. Schon wenige Jahre nach der Fertigstellung 1989 begannen die Probleme mit dem Marmor an der Fassade. Der Temperaturwechsel und die Autoabgase hatten dem porösen Stein schnell zugesetzt: er zeigte Risse und Abplatzungen, zahlreiche Platten hatten sich aufgewölbt und einige sogar aus der Verankerung gelöst.

Neu waren solche Probleme nicht. „Verschüsselung“ hatte sich inzwischen als Fachbegriff für die vielerorts beobachtete Aufwölbung von Marmor eingebürgert.

Von 2014 bis 2018 gingen an der Grande Arche weitreichende Bauarbeiten vor sich. Sie umfassten die Modernisierung der Büroflächen auf den 35 Etagen in beiden Seitenteilen des Bauwerks, die Modernisierung der Panoramaaufzüge, die Umgestaltung der Dachterrasse und eben die Sanierung der Fassaden am inneren Würfel und an den Toren.

An der Südseite, quasi am Südtor, hatten die französische Firma EDM und die spanische Ibericos Granitos die Arbeiten übernommen; der 2. Bauabschnitt an der Nordseite ging an Levantina aus Spanien und die französische Firma Uni Marbre. Levantina und Uni Marbre hatten zuvor schon den Granit an einer Außenfassade ersetzt.

Die Leitung des Gesamtprojekts hatte das Pariser Architekturbüro Valode & Pistre.

Wie bei solchen Projekten üblich, war der Aufwand für die Auswahl der Ersatzsteine groß. Wir beschreiben einige der Schritte am Beispiel der Nordseite.

Versuchsflächen mit Bethel White Granit (rechts, Mitte).

Mehrfach trafen sich die Architekten und die Beteiligten im Steinbruch des kanadischen Lieferanten Polycor in Vermont und suchten die geeigneten Blöcke aus. Diese gingen im Container per Schiff in den spanischen Hafen von Vigo, und von dort per LKW in Levantinas Fabrik in O Porriño nicht weit entfernt.

Dort gab es die für ein solches Projekt benötigten Kapazitäten für eine Verarbeitung mit den geforderten Genauigkeiten.

So war einer der Forderung der Architekten, dass später die Fugen zwischen den Steinplatten an der Fassade absolut gerade verlaufen müssten. Auch für die Bohrlöcher für die späteren Befestigungen musste diese Genauigkeit gewährleistet sein.

Ähnliches galt für das Flammen und Bürsten.

Per LKW gingen die Bündel mit den Platten nach Paris. Wie üblich war ein rigider Zeitplan für die Anlieferung einzuhalten.

Die Anbringung an der Fassade erfolgte mit Hinterschnittankern der deutschen Firma Fischer. Die spreizdruckfreie Befestigung (FZP-II) machte es möglich, dass dünnere und größere Platten als mit Randbefestigungen angebracht werden konnten.

Künftig ist ein Austausch von Platten sehr viel einfacher möglich ist als bisher.

Detail der Fassade nach Abschluss der Sanierungen.

Platten mit einzelnen, deutlich erkennbaren schwarzen Punkten wurden nachgearbeitet. In diesem Zusammenhang legte man fest, dass jeweils nach 7 Stockwerken eine eingehende Prüfung der Fassade vorzunehmen war.

Verwendet wurden in diesem Bauabschnitt:
* circa 5000 m² Bethel White in Platten von 99×68,8 mit 2,2cm Dicke, am Nordtor,
* circa 1600 m² Bethel White in Platten von 99×68 mit 3 cm Dicke, an den Innenseiten, wo sich die Fenster befinden. Die Fenster sind in Nischen mit Pyramidenform zurückgesetzt.

Ivan Pichel, Europamanager bei Levantina sagt: „Eine vorgehängte Fassade mit korrekt installiertem Granit ist für das ganze Leben. Auch nach 30 Jahren wäscht man einfach den Schmutz ab und sie ist wie neu.“

Das Projekt wurde mit einem der Pinnacle Awards 2019 ausgezeichnet. Die Jury deutete in ihrer Begründung die große Bedeutung des Vorhabens an: Sie „war ermutigt, dass Naturstein ausgewählt wurde“, heißt es, und: „Es ist sehr überzeugend, dass das himmlische Bild des Bogens mit Carrara-Marmor auch mit dem Bethel White Granite erreicht werden konnte.“

Angedeutet wird hier, dass die Steinbranche weltweit sich viel mehr auf die Vielfalt ihrer Sorten und deren vielfältige Eigenschaften konzentrieren sollte, um Kunststein die Stirn zu bieten.

Eine Erkenntnis aus dem Grande-Arche-Projekt: es muss nicht immer Keramik oder Engineered Stone sein, wenn der Architekt den Effekt von weißem Marmor erreichen will, aber man Marmor nicht benutzen kann – der Effekt lässt sich auch zum Beispiel mit Granit erreichen.

Ein Symbol des modernen und geschichtsbewussten Frankreichs

1982 hatte Staatspräsident François Mitterand einen internationalen Architektenwettbewerb ausgerufen, der die zentrale Achse durch Paris mit einen monumentalen Bauwerk im neuen Stadtteil La Défense betonen und abschließen sollte. Der Däne Johan Otto von Spreckelsen gewann die Ausschreibung mit seinem Würfel, der offen war und damit symbolisch den Blick in die Zukunft bot. Die zentrale Achse verläuft vom Louvre über die Place de La Concorde und den Arc de Triomphe eben nun bis zur neuen Grande Arche in La Défense.

Der Würfel ist aber nicht ganz perfekt: er ist 110 m hoch, aber nur 106 m breit (der leere Innenwürfel misst 90 m mal 70 m). Zudem ist er leicht aus der Fluchtlinie gedreht. Das war notwendig, um die 12 Fundamentpfeiler zwischen den Bahnlinien und Straßen im Untergrund platzieren zu können. Von Spreckelsen machte aus dieser Notwendigkeit eine großartige Geste des Respekts gegenüber der Stadtgeschichte: die Drehung der Grande Arche um 6,5° entspricht exakt der Drehung, in der, am Beginn der Achse, auch der Innenhof des Louvre verschwenkt ist.

1989, zur 200-Jahr-Feier der französischen Revolution, wurde La Grande Arche eingeweiht.

Valode & Pistre

Levantina

Polycor (1, 2)

Natural Stone Institute, 2019 Pinnacle Awards

Grande Arche de la Défense

Fotos: Levantina

(30.08.2020)