Die Steinbranche des Landes präsentiert sich allein mit Haute-Couture – das Prêt-à-Porter fehlt völlig und bleibt der Konkurrenz überlassen
Im Jahr 2019 verzeichnete Italiens Natursteinbranche gegenüber dem Vorjahr wiederum einen deutlichen Rückgang bei den Exporten, und zwar um (-)5,3% nach Wert und (-)5,9% nach Tonnage. In der Summe wurden 1,78 Milliarden € (2,524 Millionen t) gegenüber 1,879 Milliarden € (2,682 Millionen t) im Vorjahr erreicht.
Damit gab es bereits im 4. Jahr in Folge eine negative Entwicklung nach dem historischen Höchststand von 2015, als die magische Marke von 2 Milliarden € knapp übersprungen werden konnte. 2017 hatte die Branche wenigstens mit einen Gleichstand gegenüber dem Jahr zuvor abgeschlossen. Die Zahlen stammen von Confindustria Marmomacchine.
Als Gründe nennt der landesweite Verband vor allem die immer stärker werdende Konkurrenz durch Kunststeine wie Quarzkomposite oder Engineered Stones und auch durch Großkeramiken, die inzwischen vor allem Marmor perfekt imitieren. Weitere Gründe seien die „protektionistischen Spannungen und der Rückgang im Welthandel mit Naturstein in den beiden letzten Jahren“.
Wir kommentieren: Der Rückgang vor allem bei Fertigprodukten (siehe weiter unten) hat auch mit einem anhaltend verfehlten Marketing zu tun: das Land präsentiert sich, etwa in Halle 1 der Marmomac, allein mit Haute-Couture – das Prêt-à-Porter fehlt völlig (und bleibt der Konkurrenz überlassen).
Das Problem daran ist aus unserer Sicht, dass die Branche weltweit das nachmacht, weil Italien die führende Nation in Sachen Naturstein ist.
Zudem präsentiert sich Italiens Steinbranche in den letzten Jahren regelrecht entrückt von der Realität: während zum Beispiel am vorletzten Tag der Marmomac 2019 in ganz Italien rund 1 Million Menschen zwecks „Friday for Future“ auf den Straßen waren, so die heimische Presse, verloren sich Condindustria Marmomacchine, Veronafiere und die Außenhandelsorganisation ICE in Halle 1 in ihrer künstlerischen Darstellung des Themas „Natürlichkeit“.
Zum Vergleich: wer in den letzten Jahren die beinahe zeitgleich stattfindende Keramikmesse Cersaie im nahen Bologna besucht hat, konnte jedes Jahr mehr erleben, wie jene Branche sich das Thema Umwelt zu eigen macht und damit konsequent die Mittelschicht ins Visier nimmt.
Zurück zur Statistik. Erfreulich zumindest in quantitativer Hinsicht war der Export von Rohblöcken: hier erreichte Italiens Steinbranche wenigstens das Ergebnis des Vorjahrs (+0,6% auf 425 Millionen €), wobei sich der Anstieg der Lieferungen nach China (+6,9%) mit dem Rückgang nach Indien (- 7,5%) nahezu ausglich.
Dramatisch für Italien jedoch ist der Rückgang bei den Fertig- und Halbfertigprodukten: es wurden (-)7% weniger ins Ausland verkauft (Gesamtwert: 1,365 Milliarden). Hier verdient Italien traditionell sein Geld, nämlich mit seinen besonderen Leistung in der Verarbeitung und im Design.
Das wichtigste Zielland für Fertigprodukte waren mit 369,2 Millionen € weiterhin die USA, wo es das dritte Jahr in Folge einen Rückgang (-7,9%) gab, nach -3% im Jahr 2018 und -7,4% im Jahr 2017.
In Europa stiegen die Lieferungen nach Deutschland (+4,3% auf 132,3 Millionen) und in die Schweiz (+2,4% auf 92,5 Millionen), während der Umsatz in Frankreich (-2,2% auf 79,7 Millionen) und insbesondere in Großbritannien (-24,5% auf 49,2 Millionen) zurückging.
Hoffnungsvoll vielleicht, dass es bei den Exporten von Fertigprodukten nach China einen Anstieg gab (+14,8% auf 42,1 Millionen €).
Nach Kanada gingen die Exporte zurück (-12,1% auf 32,9 Millionen €). In der Golfregion war das Ergebnis uneinheitlich: Vereinigte Arabische Emirate (-12,1% auf 38,9 Millionen € und Saudi-Arabien -11,3% auf 32,2 Millionen) gegenüber Kuwait (+23,9% auf 33,3 Millionen €).
Nur wenig besser sah die Gesamtbilanz bei den Exporten von Maschinen und Werkzeugen für die Steinbearbeitung aus. Hier wurde ein Gesamtwert von 1,096 Milliarden € erzielt. Das waren -2,8% gegenüber dem Vorjahr.
(13.09.2020)