Design: das Produkt wie einen Song komponieren

(September 2010) Wie Design-Ideen aussehen können, die nicht nur kurzfristiges PR-Spektakel sind, sondern langfristig Kunden binden, zeigt die italienische Firma Lithos Design. Deren Leitlinie für die Gestaltung ist denkbar einfach. „Die Stücke müssen sich verkaufen“, sagt Alberto Bevilacqua von der Firma.

Das klingt banal. Analysieren wir dennoch die Besonderheiten des Konzepts.

Da fällt zunächst Bescheidenheit in der Selbsteinschätzung auf. Befragt, wie die Firma überhaupt darauf gekommen sei, sich mit Design zu beschäftigen, sagt der Firmenchef, dass er das bei anderen Unternehmen im Chiampo-Tal am Rand der Alpen abgeschaut habe: „Wir haben hier viele Lederfirmen, und deren Kennzeichen ist, dass sie jedes Jahr mit etwas Neuem herauskommen.“

Erste Erkenntnis: auch Steinfirmen dürfen von anderen Branchen lernen.

Und zweite Erkenntnis: Design lebt von der neuen Idee.

Besonderheit ist bei Lithos Design außerdem die Firmenkultur, die sich durchaus mit der einer Musikgruppe vergleichen lässt. Der Leser ahnt es schon: Alberto Bevilacqua spielt in seiner Freizeit in einer Band, genauer: ist Gitarrist in einer Hardrock-Formation, und so wie sie dort, wie er sagt, „alle Songs gemeinsam schreiben, so entstehen auch die Kreationen bei Lithos Design im Austausch zwischen Designer, Techniker und den Kaufleuten“.

Dritte Erkenntnis: Kreativität und Markterfolg in Sachen Design braucht das Zusammenspiel von Gestalter, Techniker und Kaufmann.

Nun müssen wir den Designer der Firma zumindest erwähnen, auch wenn wir ihn für eine spätere ausführliche Berichterstattung aufheben wollen: Es ist Raffaello Galiotto. Einige seiner Kollektionen, etwa die zu dem Renaissancearchitekten Andrea Palladio oder zu oder zu „Der Marmor des Dogen“ sorgten auf der Messe in Verona und anderswo schon für großes Aufsehen.

Ein Aspekt seiner Gestaltung ist in unserem Zusammenhang besonders wichtig: er bezieht das Material und dessen Besonderheiten in das Design ein. Zum Beispiel sind bei seinen Wandfliesen zwar die Oberflächen in maschineller Regelmäßigkeit gestaltet. Diese Uniformität wird aber heftigst gestört durch die unregelmäßigen Adern oder Ablagerungen im Gestein. Während anderswo diese angebliche Schwäche des Natursteins gegenüber der Keramik beklagt wird, stellt Galiotto sie sogar noch heraus.

Vierte Erkenntnis: Erfolgreiches Steindesign kommt nicht einfach dadurch zustande, dass man Stein nimmt und mit ihm andere Materialien ersetzt.

Ein weiteres Stichwort für den Erfolg von Lithos Design ist die Verwendung der neuesten Technologien. Auch deshalb, weil das die Produkte im Preis erschwinglich hält. Das war die fünfte Erkenntnis.

Dabei gilt auch im Bereich der Technologie das gemeinsame „Songschreiben“, sozusagen: wenn es eine Designidee gibt, die die aktuellen Maschinen nicht realisieren können, entwickelt Lithos Design mit einem Technikpartner die Anlagen weiter.

Schließlich und sechstens: die Firma hält Kontakt zu Wissenschaftlern, hier zur Arbeitsgruppe „Materialdesign“ an der Universität Ferrara. Was hat das Unternehmen davon? „Das Gespräch mit den Forschern erweitert das Denken“, sagt Alberto Bevilacqua.

Lithos Design gibt es seit drei Jahren. Es entstand aus der Mutterfirma Bevilacqua, die 25 Beschäftigte hat und drei Jahrzehnte alt ist. Deren Markt liegt bei Küchenarbeitsplatten, jedoch hat sie schon herausragende Projekt wie die Gestaltung der Shops für die Parfüm- und Schmuckfirma Bulgari abgewickelt. Lithos Design hat bislang viel für Hotels gearbeitet, etwa für Wellnessbereiche dort. Es hat nur 2 Mitarbeiter, aber Zugriff auf die Belegschaft der Mutterfirma.

Lithos Design

Materialdesign

Fotos: Lithos Design