Beim Wettbewerb für Studenten und Professionelle kamen nicht überkandidelte Kunstobjekte heraus, sondern kleine Gegenstände, die man sich auch im eigenen Alltag vorstellen kann
Endlich auch im Westen gibt es den Durchbruch im Design mit Naturstein: beim aktuellen Wettbewerb des türkischen Verbands EIB dominierten Alltagsprodukte, die schön und funktional sind, und, sofern sie zu vernünftigen Preisen auf den Markt kommen, gewiss ihre Käufer finden werden.
Bisher hatte nur die Messe in Xiamen es geschafft, mit ihrer Präsentation „Stone Infinite“ den Schwerpunkt auf wirkliches Produktdesign mit Stein zu legen.
Was wir als Durchbruch bezeichnen, ist, dass sich das Steindesign endlich von der Bildhauerei gelöst hat. Bisher nämlich haben die Designer weltweit immer so gearbeitet, als wollten sie eine Skulptur erstellen: sie haben ihr Objekt aus einem massiven Block herausgeschält, was das Objekt zwar meist schön aussehen lässt, aber für einen Verkauf leider viel zu gewichtig macht.
Die Schuld an diesem Weg in die Sackgasse haben dabei nicht etwa die Designer, sondern die Steinfirmen selbst: bei allen Design-Wettbewerben weltweit war immer die Leitlinie, dass möglichst viel Stein verwendet werden sollte. Das wurde zwar nie explizit ausgesprochen, ergab sich jedoch von selbst – nie hatte eine Steinfirma oder ein Verband als Initiator das in Frage gestellt.
Am Wettbewerb des Ägäis-Verbands nun kann man die Erfolgskriterien für einen Design-Wettbewerb mit Naturstein ablesen:
1) es wurde eine exakte Zielsetzung des Wettbewerbs festgelegt – in der Ausschreibung war mehrfach die Rede von Funktionalität der Objekte und Verkäuflichkeit;
2) wenn Vertreter des Verbands die Studenten und Professionellen informierten, hieß es immer klipp und klar, dass der Wettbewerb kein kreatives Spiel sein würde, sondern eine Maßnahme zur Ankurbelung der türkischen Natursteinbranche;
3) nicht zuletzt hatte die Jury sich die Ziele des Verbands zu eignen gemacht;
4) und, noch ein Aspekt, der quasi nebenbei zum Durchbruch beitrug: in einer der Sektionen des Wettbewerbs ging es darum, Reststücke aus der Produktion zu verwenden – da solcher Abfall im Regelfall kleinteilig ist, blieben auch die meisten Objekte im Wettbewerb klein, so wie man sie sich in der eigenen Küche, im Wohnzimmer oder im Garten vorstellt.
In den beiden anderen Sektionen ging es um Objekte für Außenbereiche sowie Innenräume und Möbel.
Eingeladen waren professionelle Designer sowie Studenten der Fachbereiche Architektur, Design, Bildende Kunst und Ingenieurswesen. Es gab insgesamt knapp 400 Einreichungen (202 von Professionellen, 196 von Studenten). Die 10 Gewinner bekamen je 10.000 türkische Lira, was trotz des Verfalls der Währung immer noch eine hübsche Summe ist. Ein Extra gab es für 3 der siegreichen Studenten: sie können sich auf ein Auslandsstipendium des türkischen Handelsministerium bewerben.
Ein Erfolg auf allen Ebenen war dieser 1. Designwettbewerb des Verbands EIB. Nun ja, er stand auch unter Druck, denn der konkurrierende Verband IMIB hat in diesem Jahr zum 9. Mal solch eine Konkurrenz veranstaltet und auch die Messe „Marble“ in Izmir war mit ihrer „Young Creative Ideas Platform” schon zweimal hervorgetreten.
Noch ein Aspekt: zwar gibt es einen großen Markt für Alltagsprodukte aus Naturstein, doch sind die Preise für die Produkte dort vergleichsweise niedrig – die Objekte können nicht so teuer sein wie exklusive Marmorfliesen, zum Beispiel.
Aber ihr Wert für die Branche liegt vielmehr in der Werbung, die solche Gegenstände permanent für das Material Naturstein machen – einfach indem sie tagtäglich im Alltag seine Schönheit zeigen.
Design ist hier also ein Mittel des Marketings – folgerichtig hatte der EIB-Verband zur Preisverleihung am Welt-Architekturtag Anfang Oktober 2020 eine Reihe von Architekten eingeladen. In den Unterlagen heißt es, man habe das Event als „Netzwerk- und b2b-Veranstaltung“ genutzt.
Wir zeigen die 10 Gewinnerprojekte. Mehr Details gibt die Wettbewerbsseite http://amorf.org/, die jedoch nur auf türkisch ist.
EIB (Ege Ihracatçi Birlikteri, Aegean Exporters’ Associations)
(16.11.2020)