Das Projekt in der LEGO-Stadt will die Generationen zu gemeinsamem Spielen anregen
Kann Naturstein ein Material für Spielplätze sein, wo er doch sehr hart ist man sich an seinen Kanten richtig wehtun kann? In der Stadt Billund in Dänemark gibt es einen Spielplatz mit 5 Objekten aus rosafarbenem Marmor, auf dem diese Frage aus einer ganz ungewöhnlichen Perspektive gehandelt wird. Geldgeber für die Objekte war die Kirkbi-Holding, hinter der die Kirk Kristiansen Familie und der Weltkonzerns LEGO stehen.
Das Projekt wurde 2021 ins Leben gerufen, zum 10. Jahrestag der Capital of Children, wie sich Billund gerne nennt.
„Play Contract“ ist das Motto des Spielplatzes. Er besteht aus 5 Objekten aus rosafarbenem Marmor, die man als Dinge fürs Klettern oder Versteckspielen oder genauso als abstrakte Skulpturen sehen kann. Sie sind aus insgesamt fast 300 einzelnen Quadern zusammengeklebt beziehungsweise montiert.
Man kann auf diesen Objekten balancieren, sich in schmalen Nischen verstecken, Gegenstände in ebendiesen Nischen hinterlegen oder den Mitspielern durch schmale Öffnungen etwas zurufen.
Hm. Und wenn ein Kind beim Toben hinfällt und im Fallen auf eine Kante aufschlägt?
Vielleicht geht es aber gar nicht um einen Spielplatz für Kinder. Denn der Titel „Play Contract“ weist auf jenen Vertrag hin, der an einem der Objekte eingraviert ist und der sozusagen die Geschäftsordnung der Anlage definiert: die Erwachsenen müssen sich den Kindern unterwerfen, hier: „sich auf deren Sinn für das Absurde einlassen und sich an das Zeitgefühl der Kinder halten“.
Aha, von den Kindern lernen, also. „Kinder an die Macht“ und Ähnliches war schon vielfach in der Literatur und in Schlagern zu lesen und zu hören.
Aber was heißt das praktisch, im Bezug auf die Anlage in Billund: Sollen nun die Erwachsenen auf den Objekten herumklettern, auf dass sie vielleicht abrutschen und sich die Knochen brechen?
Die Designer des Studios Superflex, die in ihren Kreationen gerne unübliche Ideen aufbringen, geben in ihrer knappen Beschreibung für „Play Contract“ einen Hinweis auf die Richtung, in die sie denken: „Erwachsene streben danach, die Welt um sich herum zu kontrollieren, aber Spielen bedeutet, Überraschungen zuzulassen und die Kontrolle abzugeben. Play Contract ist eine Einladung an Kinder und Erwachsene, sich zu treffen und die Idee des Spiels neu zu überdenken.“
Das klingt nach Spielen als einem Weg, um die Welt besser zu machen, einem Gedankengang, den man aus den 1980ern kennt. Allerdings scheint der Fokus diesmal ein anderer zu sein, wenn wir die Idee richtig verstanden haben: es geht um das gemeinsame Spielen zwischen Kindern und Erwachsenen.
Mehr noch: vielleicht geht es auch darum, gemeinsam die Zukunft konzipieren, die heutztage bekanntlich die Erwachsenen allein gestalten, auch wenn sie nicht mehr in ihr leben müssen.
Das Projekt „Play Contract“ lief folgendermaßen ab: 121 Kinder aus Billund waren aufgefordert, Ideen und Objekte zu entwerfen, die ein Miteinander-Spielen verschiedener Generationen ermöglichen könnten. Zusammen mit KWY.studio, einer Platform for Ideen zur Kooperation, wurden daraus die gewünschten Aktivitäten abgeleitet, also: klettern, rutschen, springen oder sitzen und mehr.
Diese Vorschläge setzen die Designer in den 5 Objekten und in Verlängerungen auf der Wiese drumherum um.
Damit können wir als Berichterstatter an dieser Stelle endlich den grauenhaften Begriff der „Objekte“ aufgegeben. In Wirklichkeit handelt es sich nämlich bei den 5 Skulpturen um Kletterbäume, die auch Rutschen, Schaukeln oder Bänke und Tische sein können – kurz: um Spielzeuge, eben.
Zuletzt: warum wurde gerade rosafarbener Marmor aus Portugal verwendet?
Antwort: In der Entwurfsphase hatten die Kinder mit rosa Legosteinen Ideen für die gewünschten Spielzeuge umgesetzt. Und: rosa Marmor „schafft ein Gefühl der Zeitlosigkeit“, wie es in einem Pressebericht heißt.
Fotos: Torben Eskerod
(31.03.2022)