Der niederländische Bildhauer findet die Ideen für seine Arbeiten am Strand, in den Dünen oder im Wald
Jan van der Laan ist ein Bildhauer aus den Niederlanden und kreiert organische Formen, die uns an eine zusammengerollte Schlange erinnert haben, an Gräser im Wind oder an Lianen in den Bäumen. Die erste unserer Fragen per Mail zielte deshalb darauf ab, wo er diese Formen findet, ob er vielleicht durch einen botanischen Garten oder einen Park spaziert und von dort die Ideen mitbringt. Seine Antwort war überraschend, aber wir hätten es wissen können: „Ich wohne an der Küste und gehe jeden Tag an den Strand. Hier finde ich alle möglichen außergewöhnlichen Formen, wie verschiedene Arten von Muscheln, Algen, verwitterte Holzstücke und auch Muster aus Wasser und Wind im Sand, die sich rhythmisch, mäandernd oder einfach geometrisch bewegen. Auch wenn ich durch die Dünen und den nahe gelegenen Wald gehe, bin ich von natürlichen Formen umgeben. Blattstiele, Samen, Blumen, Baumstümpfe, sich entfaltende Blätter und Rinde. Das alles spiegelt sich in meinen Skulpturen wider.“
Die Schönheit der Form steht im Mittelpunkt seiner Arbeit. Auf seiner Webpage lässt er es einen Bildhauerkollegen folgendermaßen ausdrücken: „Die Kunst von Jan van der Laan ist eine einzigartige Synthese zwischen natürlichen, organischen Formen und geometrischer Abstraktion.“
In seiner Mail schreibt er uns zum Kontrast zwischen Natur und Geometrie: „Ich liebe die lebendige Dynamik der organischen Linien und die Ruhe und Ordnung der geometrischen Formensprache und Symmetrie.“
Und: „Wenn alle Formelemente im Gleichgewicht miteinander sind, entsteht eine Empfindung und Erfahrung von Harmonie und Schönheit. Wenn wir dafür offen sind, erinnert uns das an die vollkommene Harmonie der Schöpfung selbst, von der wir alle ein Teil sind. Es ist eine Erinnerung an unsere göttliche Herkunft.“
Stein fasziniere ihn als Material wegen dessen Schönheit und auch, weil es schwer zu bearbeiten sei.
Aber er will nicht abhängig davon sein, so macht er auch Arbeiten in Bronze und anderen Materialien. „Das gibt mir ein Gefühl von Freiheit.“
Wie kam er zur Bildhauerei? „Mein Urgroßvater war von Beruf Bildhauer. Ich habe ihn jedoch nie kennengelernt“, antwortet er. Dann schweift er ab auf Gestaltung im Allgemeinen: „In meiner Familie gibt es viele schöne Handwerksberufe wie Tischler, Zahntechniker und ähnliche. In meinen jungen Jahren habe ich viel gezeichnet.“
Erst im Alter von 40 Jahren habe er in die Bildhauerei gefunden. Dies durch den den niederländischen Bildhauer Mark Rietmeijer, der ihm das Know-how beigebracht habe. „Die Fokussierung und Konzentration und die sich wiederholenden Arbeiten des Herausarbeiten, Schleifens und Polierens versetzen mich in einen meditativen Zustand der inneren Ruhe und Kreativität. Es öffnet das Tor zum Allerheiligsten. In diesem Sinne ist die Bildhauerei für mich eine spirituelle Handlung.“
Seine Arbeiten sind meist nicht mehr als 1 m hoch. Wenn aber ein Kunde es will, fertigt er auch große Stücke an. Bei unserem Mailkontakt wird deutlich, dass er großen Wert darauf legt, dass der Ausftraggeber glücklich mit dem Werk wird.
Zusammen mit seiner Ehefrau Irene, die als Psychosynthese-Therapeutin arbeitet, hat er vor der Pandemie das Studio Daguz gegründet, ein Zentrum für, sagen wir: das Mehr, das man in der Bildhauerei finden kann. „Exerzitien“ („retreats“) nennen die beiden ihre Kurse. „Bei diesen Exerzitien geht es vor allem um die Entdeckung des Steins und des eigenen Selbst.“
Er macht ein Beispiel: „Wenn Sie zum Beispiel im täglichen Leben Schwierigkeiten haben, Entscheidungen zu treffen, werden Sie dies auch bei der Bildhauerei erleben, wo jeder Hammerschlag eine Entscheidung mit unumkehrbarem Ergebnis ist.“
Im Dialog mit dem Stein würden die Teilnehmer dann zu sich selbst finden.
Fotos: Jan van der Laan
(08.04.2022)